Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften über die Gewährung von PKH / Rechtsschutzbedürfnis für Feststellungsklage /Rechtsschutzbedürfnis für Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus einer Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe ergibt, daß trotz der vom Gesetzgeber vorgegebenen statistischen Tabellenwerte eine Abweichung von der Tabelle dann geboten ist, wenn ihre Anwendung dazu führen würde, daß ein Antragsteller bei Belastung mit den Kosten der Prozeßführung die für die Erhaltung eines notwendigen Lebensunterhalts erforderlichen Beträge nicht mehr zur Verfügung hätte.

2. In jedem Einzelfall muß deshalb geprüft werden, ob bei einer Anordnung von Raten dem Antragsteller das ihm für die Führung eines menschenwürdigen Lebens aufgrund des Sozialstaatsgebotes erforderliche Einkommen verbleibt. Anhaltspunkte für die Beurteilung dieser Frage geben die Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes, die in Grenzbereichen allerdings nicht statistisch, sondern großzügig anzuwenden sind, um ebenso wie bei der Festlegung der Pfändungsfreigrenzen zu honorieren, daß zB ein Arbeitnehmer nicht staatliche Leistungen in Anspruch nimmt, sondern seinen notwendigen Lebensunterhalt selbst verdient.

3. Für die Berechnung des dem Prozeßkostenhilfebegehrenden zur Verfügung stehenden Einkommens sind die Bestimmungen des § 115 I - V ZPO weiterhin maßgebend.

4. Für eine Klage auf Feststellung, daß ein Schädiger aus einem schadensstiftenden Ereignis, das drei Jahre zurückliegt, schadensersatzpflichtig ist, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn auch nicht andeutungsweise vorgetragen wird, warum eine Bezifferung des Schadens bisher nicht möglich war und für einen Zukunftsschaden nichts ersichtlich ist (II 2 der Gründe).

5. Für eine Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus einer Personalakte besteht dann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, daß die Personalakte an einen anderen Arbeitgeber weitergegeben wird (II 3 der Gründe).

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Aktenzeichen 9 Ca 9309/90)

ArbG Bremen (Aktenzeichen 9 Ca 9159/90)

 

Fundstellen

BB 1993, 1367 (L1-3)

DB 1993, 1832 (L1-3)

FamRZ 1994, 1396 (L)

JurBüro 1994, 232-233 (ST)

ZAP, EN-Nr 816/93 (S)

Bibliothek, BAG (LT1-5)

LAGE § 114 ZPO, Nr 24 (LT1-3)

MDR 1993, 696 (ST1)

Mitbestimmung 1993, Nr 12, 75 (S1-4)

Rpfleger 1993, 409-410 (LT1-2, 1. Satz)

SGb 1993, 563 (S)

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