Leitsatz

Der Betrieb eines entgeltpflichtigen Parkplatzes für Kurzparker entspricht dem Bild eines Gewerbebetriebs und führt zu gewerblichen Einkünften.

 

Normenkette

§ 15 EStG , § 21 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks im Zentrum der Stadt X, das sie als Parkraum für Kfz bewirtschaftet. Das Grundstück ist an drei Seiten geschlossen und zur Straße hin durch eine sockelartige Mauer abgegrenzt, die durch eine Ein- und Ausfahrt unterbrochen wird. In der Mitte dieser Zufahrt steht ein Häuschen, das dem Parkwärter bei schlechtem Wetter als Aufenthaltsort dient. Dort händigt der Parkwärter den Fahrern der einfahrenden Fahrzeuge während der ausgeschilderten Öffnungszeiten des Parkplatzes (montags bis freitags von 8.00 bis 21.00 Uhr sowie samstags von 8.00 bis 17.00 Uhr) einen Parkzettel aus, auf dem er die Ankunftszeit vermerkt hat. Anhand dieser Eintragung stellt der Parkwärter bei der Ausfahrt der Fahrzeuge die Parkzeitdauer fest und vereinnahmt das entsprechende Entgelt. Eine Bewachung und Verwahrung der Fahrzeuge ist nicht Gegenstand des Mietvertrags. Außerhalb der ausgeschilderten Öffnungszeiten kann der Parkplatz unentgeltlich genutzt werden.

Das FA sah die Parkplatzvermietung als Gewerbebetrieb an. Die Klage, mit der die Klägerin begehrte, die Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren, blieb erfolglos (EFG 2000, 504). Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidung

Der BFH führte aus, der Betrieb eines Parkplatzes für Kurzparker sei ein typischer Gewerbebetrieb, der zusammen mit dem Betrieb eines Parkhauses in derselben europäisch harmonisierten Wirtschaftszweigklassifikation erfasst sei. Der zu beurteilende Betrieb entspreche auch nach seiner Organisation dem eines "typischen" Parkhauses bzw. Parkplatzes. Hierbei sei unerheblich, dass er keinen großen Aufwand für Sachanlagen und Personal erfordere.

Entscheidend sei, dass das Regulieren der Zu- und Ausfahrt und das Erheben des nutzungszeitabhängigen Entgelts die zur Annahme der Gewerblichkeit geforderte unternehmerische Organisation dokumentierten und den Betrieb in Verbindung mit dem häufigen Mieterwechsel als gewerblich erscheinen ließen. Irrelevant sei, dass die Klägerin keine Zusatz- oder Nebenleistungen erbringe.

 

Hinweis

Im Streitfall geht es um die Abgrenzung der gewerblichen Einkünfte von der privaten Vermögensverwaltung (hier: Vermietung und Verpachtung i.S.v. § 21 EStG). Hierzu hat die Rechtsprechung in einer schier unüberschaubaren Kasuistik Leitlinien entwickelt, die im Wesentlichen Folgendes besagen: Bei der Beantwortung der in Rede stehenden Abgrenzungsfrage ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen.

In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, welches nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 3.7.1995, GrS 1/93, BStBl II 1995, 617, und vom 10.12.2001, GrS 1/98, BFH-PR 2002, 171).

Das Gesetz bedient sich hier nicht "eines tatbestandlich scharf konturierten Begriffs, ...., sondern der Rechtsfigur des Typus", der ausgehend vom Normalfall beschrieben wird. "Den jeweiligen Typus und dessen Kenntnis setzt das Gesetz stillschweigend voraus; es übernimmt ihn so, wie ihn der Gesetzgeber in der sozialen Wirklichkeit idealtypisch, d.h. im Normal- oder Durchschnittsfall, vorfindet. Es ist nicht erforderlich, dass stets sämtliche als idealtypisch erkannten, d.h. den Typus kennzeichnenden Merkmale (Indizien) vorliegen. ... Maßgeblich ist das Gesamtbild" (BVerfG, Beschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, NJW 1996, 2644).

In Anwendung dieser Grundsätze gelangte der BFH im vorliegenden Verfahren zu dem – m.E. zutreffenden – Ergebnis, dass der Parkplatzbetrieb zu gewerblichen Einkünften führte. Der dadurch für die Klägerin bewirkte steuerliche Nachteil liegt nicht einmal so sehr in der Zusatzbelastung des Gewinns durch die Gewerbesteuer, sondern primär darin, dass die zwischen Anschaffung und der geplanten Veräußerung des Grundstücks eingetretenen Wertsteigerungen nunmehr der Einkommensteuer unterliegen.

Letzterer Effekt hätte sich dadurch vermeiden lassen, dass die Klägerin als Grundstückseigentümerin die Parkplatzvermietung nicht selbst betrieben, sondern das Grundstück z.B. an ihren Ehemann verpachtet und dieser den Parkplatzbetrieb geführt hätte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.4.2003, X R 21/00

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