Im Zusammenhang mit Kryptowährungen kann sich – insbesondere vor dem Hintergrund der vielen offenen Rechtsfragen – ein Korrekturbedürfnis für abgegebene Steuererklärungen ergeben.

Die sich dann stellende Frage, wie diese Korrekturen (straf-)rechtlich einzuordnen sind, entscheidet sich im häufig sehr konturenlosen und schwer greifbaren subjektiven Tatbestand. Die rechtliche Einordnung einer Korrekturerklärung hängt selbstredend nicht von der Bezeichnung der Erklärung ab. Zur Abgrenzung ist der subjektive Tatbestand[1] entscheidend. Es ist zu prüfen, ob der objektive Tatbestand schuldhaft (vorsätzlich bzw. leichtfertig) oder schuldlos erfüllt wurde. Dies bedeutet im Einzelnen[2]

:

[1] Zur Abgrenzung zu den Schuldformen s. Heuel in Kohlmann, Steuerstrafrecht – Kommentar, § 378, Rn. 55; Heuel/Beyer, AO-StB, 2013 S. 140 sowie Anwendungserlass zu § 153 AO v. 23.5.2016, Tz 2.
[2] Höpfner/Himmer, AO-StB 2023 S. 78, 81 f.

4.2.1 Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung

War die ursprüngliche Erklärung vorsätzlich unzutreffend bzw. verspätet nach § 370 AO, so ist die Korrekturerklärung als eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO zu werten. Teils wird bei den Finanzämtern in letzter Zeit eine Verschiebung dahingehend wahrgenommen, dass nun Steuerstrafverfahren eingeleitet werden, wo zuvor auf ein Berichtigungsschreiben hin lediglich eine steuerliche Korrektur nach § 153 AO angenommen wurde.[1]

War die ursprüngliche Erklärung "nur" leichtfertig unzutreffend bzw. verspätet nach § 378 AO, dann ist die Korrekturerklärung als eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO zu werten, deren rechtliche Voraussetzungen deutlich geringer sind als die der strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO.

Sofern zwar eine Steuerhinterziehung vorliegt, diese aber noch nicht vollendet ist, sich das Delikt also noch im Versuchsstadium befindet, unterliegt die Korrekturerklärung nicht zwingend den Vorgaben der Selbstanzeige nach § 371 AO, sondern alternativ den deutlich weniger restriktiven "Spielregeln" des Rücktritts vom Versuch nach § 24 StGB, die aber im Gegensatz zur Selbstanzeige nach § 371 AO Freiwilligkeit erfordern.[2] Sofern § 371 AO und § 24 StGB in Konkurrenz zueinander treten, findet die für den Täter günstigste Regelung Anwendung.[3] Die Rücktrittsregeln spielen allerdings im Bereich der Fälligkeitssteuern wie der Umsatzsteuer regelmäßig nur in einem kurzen Zeitfenster eine Rolle, so z. B. bei zustimmungsbedürftigen Anmeldungen nach § 168 Satz 2 AO bis zur Erteilung der Zustimmung.[4]

[1] Franke-Roericht, PStR 2022 S. 215.
[2] Vgl. Heuel/Beyer, AO-StB 2013 S. 140, 141; Wenzel, StBW 2011 S. 657.
[3] Jäger in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 371, Rn. 6.
[4] Vgl. Heuel/Beyer, UStB 2011 S. 287, 288; Müller, AO-StB 2008 S. 80.

4.2.2 Korrekturpflicht nach § 153 AO

War die ursprüngliche Erklärung "lediglich" fahrlässig oder gar schuldlos unrichtig oder verspätet, so ist die Korrekturerklärung eine schlichte steuerliche Berichtigungserklärung nach § 153 AO.[1]

Nach § 153 Abs. 1 Satz 1 AO entsteht eine Pflicht zur unverzüglichen Anzeige und Korrekturpflicht innerhalb angemessener Frist, wenn (vereinfacht) folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

(1) unrichtige oder unvollständige Steuererklärung des Steuerpflichtigen,

(2) daraus resultierende Steuerverkürzung,

(3) nachträgliches Erkennen von 1. und 2. und

(4) Nichtablauf der Festsetzungsfrist für die fehlerhafte Veranlagung.

Wenn der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung nach § 153 AO nicht nachkommt, so begeht er – einen entsprechenden Vorsatz unterstellt[2]- nach ganz h. M.[3] eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.

Mangels Vertrauensschutzregelung für Altfälle im BMF-Schreiben[4] ist dieses in allen offenen Fällen anzuwenden. Bei Abweichungen in bereits vor der Veröffentlichung des BMF-Schreibens abgegebenen Steuererklärungen sollte u. E. wie folgt differenziert werden:

  • Wurden bei Abgabe der Steuererklärung[5] sämtliche Sachverhalte offengelegt, deren Relevanz objektiv zweifelhaft ist, dann ist die Steuererklärung insoweit richtig und es besteht keine Korrekturpflicht nach § 153 AO.
  • Wurden die Sachverhalte nicht offengelegt, entsteht – allein aufgrund der Veröffentlichung einer abweichenden Ansicht in einem (neuen) BMF-Schreiben nach Abgabe der Steuererklärung – ebenfalls keine Korrekturpflicht.[6] Die Steuererklärung war im Zeitpunkt der Abgabe objektiv richtig, da sie nicht von der damaligen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung abgewichen ist und damit keine Offenlegung erforderlich war.
 
Hinweis

Korrekturpflicht

Eine potenzielle Korrekturpflicht nach § 153 AO würde stets voraussetzen, dass der Steuerpflichtige nachträglich erkennt, dass seine Steuererklärung falsch ist. Hierfür ist positives Wissen erforderlich. Ein "Kennen-können" oder gar ein "Kennen-müssen" reicht nicht aus. Es liegt ebenso keine falsche Steuererklärung vor, wenn die Gerichte (also i. d. R. der BFH) später letztinstanzlich feststellen, dass das jeweilige BMF-Schreiben eine falsche Rechtsauffassung zu der Frage vertritt, zu denen der Steuerpflichtige die Sachverhalte nic...

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