U. E. kann mit guten Argumenten die Auffassung vertreten werden, dass eine Anschaffung bzw. eine Veräußerung i. S. d. § 23 EStG beim Tausch Kryptowährung gegen Kryptowährung nicht vorliegt und der Zufluss und damit die Steuerpflicht erst beim Auscashen in Fiat-Währung, d. h. in konventionelle Zahlungsmittel, wie z. B. Euro oder Dollar, erfolgt. Hier lässt sich zunächst anführen, dass den Coins, solange kein (echter) in Fiat-Währungen darstellbarer Wert beizumessen ist, als sich diese noch in der Kryptowelt befinden. Vor dem Auscashen in Euro liegt noch kein realisierter Wertzufluss und keine besteuerungsfähige Steigerung der Leistungsfähigkeit vor. Es können vielmehr durch die extrem hohe Volatilität in kürzester Zeit dramatische Wertveränderungen stattfinden.[1]

I

Dieser Ansicht – wenn auch mit anderer Zielrichtung – scheint Prof. Dr. Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg und Ex-Wirtschaftsweise der Bundesregierung, zu sein. Er bezeichnet den Bitcoin als "Spielgeld" ohne "Einlösungsverpflichtung" durch irgend jemanden und misst diesem weder einen "Gebrauchswert" noch einen "realen Wert" bei. Es handele sich um "ein reines Luftprodukt".[2] Dieser Argumentation folgend handelt es sich bei Kryptowährungen um eine Art Lotterieschein und es lässt sich u. E. daher mit guten Argumenten vertreten, dass erst beim Auscashen in Euro eine echte Vermögensposition entsteht.

Gestützt wurde diese Ansicht zudem durch die BFH-Rechtsprechung[3] zu Fremdwährungsgeschäften. Der BFH hat entschieden, dass Kursgewinne im Privatvermögen, die sich durch die Anlage von Festgeld in ausländischer Währung ergeben, nicht steuerbar sind, wenn das Fremdwährungsguthaben erst nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 EStG in einen höheren DM-Betrag rückgetauscht wird.

Der BFH [4] nimmt jedoch inzwischen einen anderen Standpunkt ein. Der Tausch einer Kryptowährung gegen einer andere Kryptowährung stelle eine Anschaffung bzw. Veräußerung nach § 23 EStG dar.

Für die hier vertretene Ansicht, d. h. das Abstellen auf den Zeitpunkt des Auscashens, spricht zudemein praktisches Bedürfnis. Insoweit sei auf die praktischen Schwierigkeiten bzw. die praktische Unmöglichkeit der Gewinnermittlung beispielsweise bei NFT-Games[5] verwiesen.

Im Vergleich zu den vorstehend skizzierten Grundsätzen des deutschen Steuerrechts wird die Steuerpflicht von Kryptowährungen insbesondere in Österreich anders beurteilt. Hier besteht allerdings auch im Gegensatz zu Deutschland eine entsprechende gesetzliche Regelung[6] Sämtliche Coins, die ein Steuerpflichtiger durch Staking oder Farming erhält, stellen keine steuerpflichtigen Einkünfte dar. Erst bei Veräußerung der Rewards, also beim Auscashen in Euro, erfolgt in Österreich eine Besteuerung ("on ramp" vs. "off ramp").[7]

[8]

Sofern auch der Tausch Kryptowährung gegen Kryptowährung als Anschaffung bzw. Veräußerung angesehen wird und beim Auscashen in sog. Fiat-Geld, d. h. in konventionelle Zahlungsmittel, wie z. B. Euro oder Dollar, keine ausreichende Liquidität zur Steuerzahlung vorhanden ist, kommen Billigkeitsmaßnahmen in Betracht.[9]

[1] So Ergebnis auch Andres/Hötzel/Kranz, DStR 2022 S. 2177, 2184; s. auch Schaden/Wagner/Zawodsky, StuW 2022 S. 151, 159.
[2] https://www.n-tv.de/wirtschaft/Bofinger-zerlegt-Bitcoin-Hype-article22288515.html sowie https://www.wiwo.de/finanzen/boerse/kryptowaehrungen-der-bitcoin-ist-ein-reines-luftprodukt/28567140.html
[6] §§ 27 Abs. 1, Abs. 4a, 27b EStG 1988 (Österreich).
[8] Lohmar/Jeuckens, DStR 2022 S. 1833, 1839 sowie 1899, 1895 sehen hierin auch ein Zukunftsmodell für Deutschland.

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