Keine gesetzliche Definition: § 9 Abs. 6 S. 2 ff. bzw. § 4 Abs. 9 S. 2 EStG in der aktuellen Fassung legen Mindestanforderungen fest, was eine erste Berufsausbildung anbelangt. Der Begriff der Berufsausbildung selbst wird jedoch im Gesetz nicht näher definiert.

Beraterhinweis Wann eine erste Berufsausbildung vorliegt, ist deshalb wichtig, weil erst nach einer abgeschossenen Erstausbildung (erste Berufsausbildung bzw. Studium) Kosten für eine weitere Berufsausbildung bzw. Studium als (vorweggenommene) WK/BA abziehbar sind (§ 9 Abs. 6 S. 1 EStG bzw. § 4 Abs. 9 S. 1 EStG).

Die Kosten für die Erstausbildung können hingegen nur als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Berücksichtigung finden. Eine Ausnahme hiervon besteht, wenn die Erstausbildung innerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet (§ 9 Abs. 6 S. 1 letzter Halbs. EStG).

Begriffsbestimmung durch Rechtsprechung: Die Rechtsprechung verlangt von einer Berufsausbildung oder einem Studium einen hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen. Dabei ist Berufsausbildung eine Ausbildung zu einem künftigen Beruf. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. In diesem Kontext dienen der Vorbereitung auf ein Berufsziel alle Maßnahmen, bei welchen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die eine Eignung als Grundlage für die spätere Berufsausübung aufweisen[8].

Beraterhinweis Der Begriff der Berufsausbildung umfasst Maßnahmen, die darauf abzielen, die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu erwerben, die Voraussetzung für die spätere Berufsausübung sind.

Abgrenzung zur Allgemeinbildung: Gegenpart zur Berufsausbildung ist nach der Rechtsprechung die Allgemeinbildung, die keine notwendige Voraussetzung für die geplante Berufsausübung darstellt[9]. Daher stellt die Erlangung eines allgemeinbildenden Schulabschlusses – wie das Abitur (Matura) – keine erste Berufsausbildung i.S.d. §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG dar – auch, wenn das Abitur z.B. Voraussetzung sein mag, einen bestimmten Ausbildungsweg (Studium oder Berufsausbildung) erst einschlagen zu können[10]. Beachten Sie: M.E. ist in diesem Kontext mangels entsprechender Berufsbezogenheit auch der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht gegeben (strittig)[11].

Beraterhinweis Der allgemeinbildende Schulabschluss wie das Abitur ist keine Berufsausbildung im einkommensteuerlichen Sinn.

 

Beispiel 1

A möchte gerne Diplom-Kaufmann werden. Hierfür muss er ein Fachabitur bzw. Abitur vorweisen und dann ein Hochschulstudium der BWL erfolgreich absolvieren.

Lösung: Auch wenn also Voraussetzung für das Hochschulstudium das Abitur ist, handelt es sich beim Abitur nicht um eine erste Berufsausbildung, so dass das Hochschulstudium der BWL des A, sofern er keine andere Berufsausbildung bzw. Studium durchlaufen hat, eine Erstausbildung für A mit der Folge ist, dass nur der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG für ihn in Betracht kommt. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn A sich bereits im Berufsleben befinden und das Abitur nachholen würde. Lediglich, wenn er für seine Berufstätigkeit bereits eine entsprechende Berufsausbildung absolviert hätte, die als Erstausbildung nach § 9 Abs. 6 EStG zu betrachten wäre, würde es sich hinsichtlich der Studienkosten anders verhalten.

Beachten Sie: Nicht erforderlich ist, dass der Steuerpflichtige den entsprechenden Beruf tatsächlich ausüben will. Maßgeblich ist, dass er hierzu nur befähigt ist[12].

 

Beispiel 2

Direkt nach einer Lehre zum Bankkaufmann studiert A Rechtswissenschaften. Dies hatte er von Anfang an vor, weil er sich auf Wirtschaftsrecht als Rechtsanwalt spezialisieren will.

Lösung: Auch wenn A nie vorhatte, nach der Banklehre den Beruf eines Bankkaufmanns auszuüben, so stellt dennoch die abgeschlossene Lehre – unterstellt, dass die Anforderungen von § 9 Abs. 6 S. 2 ff. EStG erfüllt sind – eine erste Berufsausbildung dar. Da diese Ausbildung innerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, kann er ihm hierbei entstandene Ausbildungsaufwendungen als WK geltend machen. Die mit dem Studium der Rechtswissenschaften zusammenhängenden Kosten kann er auch als vorweggenommene WK/BA geltend machen, da er bereits mit der Banklehre eine Berufsausbildung zuvor abgeschlossen hatte (Erstausbildung).

Eine erste Berufsausbildung wird auch nicht durch lediglich ungelernte langjährige berufliche Tätigkeit oder Praktika ersetzt[13].

"Geordnete Ausbildung": Vielmehr ordnet § 9 Abs. 6 S. 2 EStG an, dass eine geordnete Ausbildung

  • mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten
  • bei vollzeitiger Ausbildung zu durchlaufen sowie
  • eine Abschlussprüfung abzulegen ist[14].

Vollzeit bedeutet eine durchschnittliche Dauer von mindestens 20 Stunden in der Woche[15]. Dabei ist nach § 9 Abs. 6 S. 3 EStG eine geordnete Ausbildung eine solche, die auf der Grundlage von

  • Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder
  • internen Vorschriften eines Bildungsträgers

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