Rz. 81

[Autor/Stand] Rechtsschutz gegen den Bußgeldbescheid gewährt der Einspruch[2]. Der Bußgeldbescheid wird durch den Einspruch hinfällig (s. Rz. 74); er hat nur noch die Bedeutung einer Beschuldigung. Der Einspruch hindert die Vollziehung und Vollstreckung des Bußgeldbescheids.

 

Rz. 82

[Autor/Stand] Einen Rechtsbehelf eigener Art gegen den Bußgeldbescheid stellt das OWiG zur Verfügung. Nach § 67 OWiG kann der Betroffene binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen.

Der Einspruch im Ordnungswidrigkeitenrecht ist – ebenso wie im Strafbefehlsverfahren – kein Rechtsmittel. Ihm fehlt der für das Rechtsmittel typische Devolutiveffekt, d.h. das Verfahren wird durch den Einspruch nicht automatisch an die nächsthöhere Instanz verwiesen.

 

Rz. 83

[Autor/Stand] Die vom Gesetz geforderte Schriftform ist auch dann gewahrt, wenn die Einlegung des Einspruchs telegrafisch erfolgt. Der Einspruch kann auch fernmündlich[5] oder per Telefax[6], auch Computerfax[7], bei der FinB eingelegt werden[8]. Wirksamkeitsvoraussetzung bei fernmündlicher Einlegung ist, dass über den telefonisch übermittelten Einspruch eine Niederschrift durch die FinB gefertigt wird, in der die fernmündliche Einlegung des Einspruchs als Tatsache festzuhalten ist. Der Betroffene trägt das Beweisrisiko.

 

Rz. 83.1

[Autor/Stand] Seit dem 1.1.2018 – und mittlerweile seit dem 1.1.2020 in allen Bundesländern[10] – können elektronische Dokumente, soweit sie für die Bearbeitung durch die Verwaltungsbehörde und das Gericht geeignet sind, übermittelt werden (vgl. § 110c Abs. 1 OWiG i.V.m. § 32a StPO; s. auch § 385 Rz. 783 ff.)[11]. Dabei müssen Dokumente, die der Schriftform unterliegen, zusätzlich die Anforderungen nach § 32a Abs. 3 StPO erfüllen (qualifizierte elektronische Signatur oder einfache Signatur und Einreichung über sicheren Übermittlungsweg, z.B. durch das beA oder den Dienst De-Mail, s. § 385 Rz. 783.3 f.). Damit verliert die vor Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs umstr. Frage, ob bei Einspruchseinlegung per E-Mail diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss oder unsigniert sein darf[12], an Bedeutung[13].

Spätestens ab dem 1.1.2026 gilt dann die verbindliche elektronische Aktenführung.

 

Rz. 84

[Autor/Stand] Die zweiwöchige Einspruchsfrist beginnt mit der wirksamen Zustellung des Bußgeldbescheids. Für die Berechnung gelten die §§ 42, 43 StPO gem. § 46 Abs. 1 OWiG entsprechend[15]. Der Tag, der die Frist in Lauf setzt (Zustellungsdatum), wird nicht mitgezählt.

 

Beispiel

Dem S wird am Donnerstag, 5.11.2020 ein Bußgeldbescheid wegen leichtfertiger Steuerverkürzung zugestellt. Er kann hiergegen bis zum Ablauf des übernächsten Donnerstags, 19.12.2020 (24.00 Uhr) Einspruch einlegen.

 

Rz. 84.1

[Autor/Stand] Fällt das Fristende aber auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, wobei das Feiertagsgesetz maßgebend ist, das am Sitz der BuStra gilt, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages[17].

 

Beispiel

Die Zustellung erfolgt am Samstag, 7.11.2020. Fristende für die Einlegung des Einspruchs ist mithin der 23.11.2020 (Montag) 24.00 Uhr.

 

Rz. 84.2

[Autor/Stand] Hinsichtlich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Einspruchsfrist gelten die Vorschriften der §§ 4447 StPO entsprechend. Für Maßnahmen der FinB bestimmt dies § 52 OWiG. Als Wiedereinsetzungsgründe kommen somit die in der StPO genannten in Betracht (Naturereignisse oder unabwendbare Zufälle). Eigenes Verschulden an der Fristversäumung schließt eine Wiedereinsetzung aus. Das Wiedereinsetzungsgesuch mit den glaubhaft gemachten Versäumungsgründen ist bei der FinB einzureichen, die über dieses Gesuch entscheidet, das AG ist nur ausnahmsweise zuständig (§ 52 Abs. 2, § 68 OWiG).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[2] Grundlegend Lohmeyer, StB 1990, 365; zu den Risiken vgl. App, INF 1992, 253.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[5] BGH v. 20.12.1979 – 1 StR 164/79, BGHSt 29, 173 = NJW 1980, 1290; Seitz/Bauer in Göhler18, § 67 OWiG Rz. 26.
[6] BVerfG v. 1.8.1996 – 1 BvR 121/95, CR 1996, 722 = NJW 1996, 2857 = BRAK 1996, 266; BGH v. 2.10.1991 – IV ZR 68/91, NJW 1992, 244 = BRAK 1992, 63 = VersR 1991, 1426 = ZIP 1991, 1629 = FamRZ 1992, 296; BFH v. 26.3.1991 – VIII B 83/90, CR 1992, 278 = NJW 1991, 2927 = BRAK 1992, 63.
[7] GmS-OGB v. 5.4.2000 – GmS-OGB 1/98, NJW 2000, 2340 = EWiR 2001, 47 (Meller-Hannich) = VersR 2000, 1166 = ZIP 2000, 1356 = CR 2000, 578.
[8] Vgl. auch Rebmann/Roth/Herrmann, § 67 OWiG Rz. 4a.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[10] Einige Bundesländer haben die Einreichung elektronischer Dokumente im Ordnungswidrigkeitenverfahren erst ab dem 1.1.2019 oder zum 1.1.2020 zugelassen; zu den Auswirkungen sog. Opt-Out und Teil-Opt-In Regelungen der Länder und Behörden in der Übergangszeit s....

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