Rz. 249

[Autor/Stand] Andererseits können Ermittlungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, wenn die Steufa auf rein steuerrechtlicher Ebene tätig wird, sich dies nach den Gesamtumständen jedoch als Fortsetzung eines formal eingestellten Steuerstrafverfahrens darstellt.

 

Beispiel 181

Die Steufa führte gegen den Stpfl. S ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Tätigkeit des S für X. Nachdem S der Steufa Unterlagen zur Verfügung gestellt und das LG einen gegen S erlassenen Durchsuchungsbeschluss u.a. die Räumlichkeiten bei X betreffend aufgehoben hatten, wurde das Steuerstrafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Sodann wandte sich die Steufa in einem steuerlichen Ermittlungsverfahren mit einem Auskunfts- und Vorlageverlangen nach §§ 93, 97 AO an X, um weitere Unterlagen zu erhalten, weil eine Diskrepanz zu den von S erklärten steuerpflichtigen Einkünften weiterhin der Aufklärung bedürfe.

 

Rz. 250

[Autor/Stand] Der BFH hat in einem solchen Fall dem im Rahmen von Vorfeldermittlungen gestellten Auskunftsersuchen der Steufa eine diskriminierende Wirkung zuerkannt und die Maßnahme als rechtswidrig angesehen. Unter dem Aspekt der Zuständigkeitskonkurrenz und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wären Ermittlungshandlungen der Veranlagungsstelle und nicht der Steufa geboten gewesen. Die Unangemessenheit der Ermittlungsmaßnahme folge insb. daraus, dass trotz des sich nicht bestätigenden Verdachts der Steuerverkürzung und der entsprechenden Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen unter dem Briefkopf der Steuerfahndungsstelle gleichwohl die Ermittlungen fortgesetzt wurden. Wenngleich sich diese nunmehr nur auf ein Besteuerungsverfahren bezogen, sei nach den Gesamtumständen jedenfalls der Eindruck erkennbar gewesen, dass gegen den betroffenen Stpfl. weiter auch steuerstrafrechtlich ermittelt werde, zumal X bereits Kenntnis von den früheren strafrechtlichen Ermittlungen hatte. Schließlich sei einem Laien nicht geläufig, dass die Steufa auch rein steuerrechtliche Ermittlungen führen kann. Insoweit könne es nach Ansicht des BFH[3] geboten erscheinen, als milderes Mittel ein Auskunftsverlangen durch die Veranlagungsstelle zu stellen. Trotz der erfolgreichen Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss lehnte der BFH aber ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der vom Stpfl. herausgegebenen Unterlagen mangels eines schwerwiegenden oder willkürlichen Verfahrensverstoßes ab.

[Autor/Stand] Autor: Bode, Stand: 01.01.2023
[Autor/Stand] Autor: Bode, Stand: 01.01.2023
[3] BFH v. 4.12.2012 – VIII R 5/10, BFHE 239, 19 = wistra 2013, 157 = DStR 2013, 253 = ZWH 2013, 202 m. Anm. Rübenstahl; vgl. nunmehr zum Rehabilitationsinteresse des Stpfl. auch BFH v. 12.7.2022 – VIII R 8/19, juris = NJW 2022, 3101.

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