Rz. 98

[Autor/Stand] Vor der Beantragung des Strafbefehls ist dem Beschuldigten – wie im "gewöhnlichen" Strafverfahren vor Anklageerhebung – gem. § 163a StPO rechtliches Gehör zu gewähren, damit er die Möglichkeit erhält, sich zu dem Tatvorwurf äußern zu können, bevor die Ermittlungsbehörde eine abschließende Entscheidung trifft (s. Rz. 191 sowie Nr. 79 Abs. 2, Nr. 84 Abs. 4 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 79, 84)[2]. Eine Frist hierzu sieht das Gesetz nicht vor, sie muss allerdings nach Umfang und Schwierigkeit der Sache angemessen sein. In der Praxis vorherrschend ist i.d.R. eine Frist von einem Monat[3].

Zur Vernehmung des Beschuldigten s. näher § 385 Rz. 147 ff., 195 ff. Der Beschuldigte kann entlastende Umstände vortragen und Beweisanträge stellen. Die BuStra gibt bekannt, welche Strafe sie beantragen wird. Dadurch lässt sich auch bereits klären, ob der Beschuldigte voraussichtlich Einspruch einlegen wird, was aber grds. nicht gegen das Strafbefehlsverfahren spricht (vgl. Nr. 84 Abs. 3 Satz 4 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 84)[4].

 

Rz. 98.1

[Autor/Stand] Der Richter ist vor Erlass des Strafbefehls grds. nicht verpflichtet, dem Angeschuldigten rechtliches Gehör zu gewähren (§ 407 Abs. 3 StPO). Insoweit ist nach überwiegender Ansicht[6] dem Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 EMRK dadurch Genüge getan, dass dem Angeklagten durch die Zulassung des Einspruchs mit anschließender Hauptverhandlung rechtliches Gehör verbürgt ist. Dem ist zu Recht entgegenzuhalten, dass der Einspruch nicht der Nachholung rechtlichen Gehörs dient. Insoweit besteht durchgreifender Reformbedarf[7].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2021
[2] Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt63, § 407 StPO Rz. 24; Gössel in LR26, § 407 StPO Rz. 64.
[3] Vgl. Schützeberg in Rolletschke/Kemper, § 400 AO Rz. 11.
[4] Vgl. auch Dißars, wistra 1997, 333.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2021
[6] BVerfG v. 18.12.1953 – 1 BvR 230/51, BVerfGE 3, 248 = NJW 1954, 69; BVerfG v. 21.1.1969 – 2 BvR 724/67, BVerfGE 25, 158; Dahs, Das rechtliche Gehör im Strafprozess, S. 120; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt63, § 407 StPO Rz. 24; Meurer, JuS 1987, 884; Eser, JZ 1960, 660 (664).
[7] Vgl. die Kritik von Degener in SK5, vor § 407 StPO Rz. 19.

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