Rz. 372

[Autor/Stand] Die Einziehung von Taterträgen bei anderen richtet sich nach § 73b StGB. Die Einziehung bei Dritten kommt insb. in Betracht, wenn diese unentgeltlich oder ohne Rechtsgrund "etwas" vom Täter oder Teilnehmer erlangt haben.

 

Rz. 373

[Autor/Stand] § 73b StGB erfasst vornehmlich die sog. Vertreterfälle und Verschiebefälle[3]. Erlaubt ist nunmehr der Zugriff vor allem auf das Vermögen von Personenvereinigungen als Drittbegünstigte der Tat. Im Falle der Steuerhinterziehung durch Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kann auf diesem Wege die Wertersatzeinziehung gegenüber der Gesellschaft angeordnet werden. Von praktischer Relevanz werden zukünftig die Fälle sein, in denen Täter bspw. Schmiergeldvereinbarungen mittels sog. Beraterverträge treffen, deren Abzugsfähigkeit als gewinnmindernde Betriebsausgabe sich nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG verbietet. In Betracht kommen auch sonstige Fälle der Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft.

 

Beispiel

Der im Nahen Osten als Regionalmanager tätige X schließt mit dort tätigen regierungsnahen Person zum Schein Beraterverträge ab, die indes tatsächlich dazu dienen, sich geschäftliche Vorteile zu sichern. Die Bezahlung der Honorare erfolgt durch das deutsche Unternehmen. Eine etwaige Kenntnis des Unternehmens, dass es sich um nur zum Schein abgeschlossene Verträge handelt, ist nicht nachweisbar.

 

Rz. 374

[Autor/Stand] Erfasst werden nunmehr auch die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich "nicht vertretbare Abschöpfungslücken"[5] schließen und Zweifelsfragen[6] klären. Ziel ist die lückenlose Abschöpfung der Taterträge bei den Tatbeteiligten oder dem begünstigten Dritten.[7] Die Neuregelung soll Rechtsklarheit im Bereich der Verschiebungsfälle in Gestalt der Norm des § 73b StGB schaffen.[8] Darüber hinaus stellt die Neuregelung den Vermögenszufluss durch Erbschaft, in Form des Pflichtteils am Erbe oder durch Vermächtnis, den "Verschiebungsfällen" gleich gem. § 73b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Das alte Recht[9] verhinderte nach dem Tod des ursprünglich bereicherten Tatbeteiligten die Abschöpfung, obwohl es bei wertender Betrachtung keinen Unterschied machte, ob der Drittbegünstigte den Tatvorteil unentgeltlich oder als Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder als Vermächtnisnehmer erlange. Diesen Wertungswiderspruch beseitigt nunmehr die Neuregelung.[10]

 

Rz. 375

[Autor/Stand] Der neue § 73b StGB regelt in Abs. 1 Nr. 1 die Vertretungsfälle, in Nr. 2 die Verschiebungsfälle und in Nr. 3 den Zufluss des Tatvorteils in Erbfällen.[12] § 73b Abs. 2 StGB stellt klar, dass nicht nur der deliktisch erlangte Gegenstand selbst, sondern auch die Weiterreichung des Wertersatzes vom "Verschiebungserbfall" umfasst ist. Gleiches gilt für Nutzungen und nach § 73b Abs. 3 StGB auch für Surrogate.[13] In der Neufassung des § 73b StGB ist die Fallgruppe der "Todesfälle" der Fallgruppe der "unentgeltlichen Übertragungen" gleichgestellt.[14]

 

Rz. 376

[Autor/Stand] Die schon früher mögliche Abschöpfung von Taterträgen bei Drittbegünstigten (also nicht bei Tätern oder Teilnehmern einer Straftat) wurde mithin deutlich erweitert und eröffnet gem. § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB erstmals die Möglichkeit der Abschöpfung bei Erben, Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern des Täters oder Teilnehmers der Straftat. Das neue Recht schafft nach Auffassung des Gesetzgebers nunmehr die Rechtsklarheit, dass die strafrechtliche Haftung von erbrechtlich Begünstigten zulässig ist.

 

Rz. 377

[Autor/Stand] Praktische Probleme werden sich insb. im Steuerstrafrecht ergeben, wenn auch Umwandlungen erfasst würden oder der unternehmerische Bereich betroffen ist.

 

Beispiel

Unternehmen A hat eine Korrekturerklärung nach § 153 AO abgegeben. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass bereits bei Abgabe der Steuererklärung bedingter Vorsatz vorlag, und leitet ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung ein. Während des laufenden Verfahrens wird das Unternehmen A durch die B-AG erworben. Das Steuerstrafverfahren wird nach § 153a StPO eingestellt. Die Finanzverwaltung fordert von der B-AG als Gesamtrechtsnachfolger Wertersatz für die ersparten Steuern.

Der Wortlaut des Gesetzes spricht vom Erben und nicht vom Gesamtrechtsnachfolger. Auch die Gesetzesbegründung orientiert sich ersichtlich an der natürlichen Person[17], obgleich eine ähnliche Problematik seit Jahren aus dem Bereich des Kartellrechts bekannt ist, nämlich die Frage bei der Rechtsnachfolge bei der Bußgeldhaftung (sog. Wurstlücke, nunmehr geregelt durch § 81 Abs. 3a ff. GWB)[18].

 

Rz. 378

[Autor/Stand] Auch bei natürlichen Personen kann die neue Gesetzeslage zu Friktionen führen.

 

Beispiel

Firmeninhaber F hat zur Erlangung von Bauaufträgen in den Jahren 2009–2011 Schmiergelder gezahlt. In 2012 verstirbt F und seine Söhne A, B und C – die von den Taten keine Kenntnis hatten – führen die Firma weiter. Diesen war bereits in 2009, 2011 und in 2012 jeweils ein Teil der Firma im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen worden. Der bemakelte Auftrag...

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