Rz. 788

[Autor/Stand] Vgl. auch Rz. 857. Nach der Neufassung der EUAHiRL unterliegt auch die automatische Auskunftserteilung Beschränkungen gem. Art. 19 EUAHiRL, wenngleich zu beachten ist, dass Inhalt und Reichweite des automatischen Austauschs in diesen Fällen vorab feststehen und sich inhaltlich an der Richtlinie orientieren. Es besteht indes keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, wenn die innerstaatlichen Auskunftsmöglichkeiten seitens des ersuchenden EU-Mitgliedstaates nicht voll ausgeschöpft worden sind (Art. 17 Abs. 1 EUAHiRL, s. Rz. 853). Voraussetzung ist, dass die ersuchende Behörde die üblichen Informationsquellen ausgeschöpft hat, die sie unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen genutzt haben könnte, ohne die Erreichung ihres Ziels zu gefährden. Es handelt sich insoweit also lediglich um ein subsidiäres Aufklärungsmittel[2]. Im Hinblick auf den automatischen Informationsaustausch dürften die Anforderungen jedoch herabgesetzt sein, um dem automatischen Informationsaustausch – dem Sinn und Zweck der Richtlinie folgend – zu größtmöglicher Effektivität zu verhelfen.

 

Rz. 789

[Autor/Stand] Darüber hinaus ist der ersuchte EU-Mitgliedstaat nicht verpflichtet, für Zwecke der Auskunftserteilung Ermittlungen anzustellen und Informationen zu beschaffen, wenn dies für seine eigenen Zwecke nach seinem innerstaatlichen Recht unzulässig wäre (Art. 17 Abs. 2 EUAHiRL). Die zuständige Behörde eines ersuchten Mitgliedstaats kann die Übermittlung von Informationen ablehnen, wenn der ersuchende Mitgliedstaat seinerseits aus rechtlichen Gründen nicht zur Übermittlung entsprechender Informationen in der Lage ist.

 

Rz. 790

[Autor/Stand] Die Auskunft kann vom ersuchten Staat auch verweigert werden, wenn ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis preisgegeben werden müsste (Art. 17 Abs. 4 EUAHiRL). Ein Bank- und Treuhandgeheimnis ist nicht geschützt (Art. 18 Abs. 2, 3 EUAHiRL)[5]. Dem (automatischen) Auskunftsaustausch sind nicht nur Grenzen durch die EU-Amtshilferichtlinie selbst gesetzt. Der Rahmen deutscher Auskunftsersuchen wird ergänzend durch § 117 Abs. 1 AO bestimmt. Die in § 95 Abs. 6, § 393 Abs. 1 Satz 2 AO verankerten Zwangsmittelverbote sind ebenso zu respektieren wie die Auskunftsverweigerungsrechte (§§ 102, 103 AO) und die Vorlageverweigerungsgründe (§§ 101 ff. AO), und zwar auch dann, wenn der andere EU-Mitgliedstaat derartige Rechte nach seinem nationalen Recht nicht kennt[6].

 

Rz. 791

[Autor/Stand] Die dem BZSt erteilten Auskünfte unterliegen der Geheimhaltung (Art. 16 EUAHiRL). § 19 EUAHiG regelt ein internationales Steuergeheimnis, aufgrund dessen die deutschen FinB verpflichtet sind, die erlangten Informationen nur im Besteuerungsverfahren sowie im Straf- oder Bußgeldverfahren zu verwenden[8]. Ein Informationsaustausch ausschließlich für Zwecke des Steuerstraf- oder Steuerordnungswidrigkeitenverfahrens ist unzulässig[9]. In diesem Fall darf von vornherein schon kein Auskunftsersuchen nach der EU-Amtshilferichtlinie gestellt werden. Auch eine entsprechende Vereinbarung im Hinblick auf einen automatischen Austausch dürfte erfasst sein, wenngleich schwerlich ein Fall denkbar ist, in dem ein Austausch rein für strafrechtliche Zwecke vereinbart wird.

 

Rz. 792

[Autor/Stand] In öffentlichen Gerichtsverhandlungen ist eine Bekanntgabe über den Kreis der unmittelbar befassten Personen hinaus zulässig (Art. 16 Abs. 1 EUAHiRL, § 15 Abs. 4, § 19 Abs. 2 Nr. 1 EUAHiG). Dieses internationale Steuergeheimnis entspricht damit dem in § 30 AO verankerten Steuergeheimnis. Erhaltene Auskünfte dürfen auch in einem Straf- oder Bußgeldverfahren offenbart werden. Die Informationen dürfen auch verwendet werden in Besteuerungs- und Straf- und Bußgeldverfahren anderer Personen, und zwar auch dann, wenn andere für den konkreten Ersuchensfall unmittelbar zuständige Personen (Steuerbeamte, Staatsanwälte) befasst werden müssen. Allerdings dürfen die Informationen für solche Verfahren, die keine Steuerstraftaten oder Steuerordnungswidrigkeiten betreffen, keine Verwendung finden[11]. Dies gilt nicht, wenn die erlangten Auskünfte im Besteuerungsverfahren nicht verwendet werden dürfen, also nicht "voraussichtlich erheblich" sind[12], etwa wegen eingetretener Verjährung.

[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[2] Seer in Tipke/Kruse, § 117 AO Rz. 35.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[5] Das gilt für Besteuerungszeiträume ab 2011, so dass seitdem die in Österreich, Luxemburg und Belgien geltenden Bankgeheimnisse insoweit nicht mehr gelten.
[6] Ausführlich zu diesem Verbot des "Befugnis-Shoppings" Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren, S. 364 ff.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[8] Seer in Tipke/Kruse, § 117 AO Rz. 82; ausführlich Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, Rz. 8.19.
[9] Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, Rz. 8.19.
[Autor/Stand] Autor: Peters, S...

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