Rz. 857

[Autor/Stand] Ausgehend von den Erforderlichkeitsanforderungen ist die Grenze zulässiger Informationsweitergabe überschritten, wenn

  • der Sachverhalt, der im Ausland möglicherweise der Besteuerung unterliegt, den dortigen Behörden bereits bekannt ist[2]; gerade Spontanauskünfte zielen – dem Charakter einer Kontrollmitteilung entsprechend – auf eine reine Sachinformation der ausländische Behörde und nicht darauf ab, diese zu einem bestimmten Handelt zu bewegen oder von einer Rechtsmeinung zu überzeugen;
  • die erbetene Auskunft dazu dienen soll, die vom deutschen FA getroffene Sachverhaltsbeurteilung zu verifizieren; jedenfalls steht dann zu befürchten, dass die Behörde nicht ermessensgerecht entschieden hat[3];
  • trotz eines von der Bundesrepublik Deutschland geltend gemachten und realisierten Besteuerungsrechts auch dem die Spontanauskunft empfangenden Staat ein Besteuerungsrecht zustehen soll[4];
  • bloße Vermutungen für eine Steuerverkürzung im Ausland sprechen[5].

Andererseits kann ein Auskunftsersuchen nicht deshalb abgelehnt werden, weil die angefragten Informationen im ersuchten Staat nicht für steuerliche Zwecke benötigt werden (vgl. § 4 Abs. 6 EUAHiG; Art. 26 Abs. 4 OECD-MA). Vielmehr muss sich die inländische Behörde die vom anderen Staat benötigten Informationen nach pflichtgemäßem Ermessen selbst beschaffen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 4 EUAHiG).

 

Rz. 858

[Autor/Stand] Darüber hinaus ergeben sich Einschränkungen der begehrten Informationsweitergabe nach den zu beachtenden innerstaatlichen Normen sowie aus den Regelungen zum Geheimnisschutz (vgl. Art. 26 Abs. 2 und 3 OECD-MA sowie §§ 4 Abs. 3, 15, 19 EUAHiG[7]).

Nach Art. 26 Abs. 2 OECD-MA bzw. § 19 Abs. 1 EUAHiG sind die FinB verpflichtet, die dem Auskunftsverkehr unterliegenden Informationen geheimzuhalten (sog. internationales Steuergeheimnis[8]). Maßstab ist zwar das jeweilige innerstaatliche Recht des die Auskunft empfangenden Staates, mithin für die deutschen Finanzämter vor allem § 30 AO. Jedoch geben die zwischenstaatlichen Regelungen das notwendige Datenschutzniveau vor[9]. Grundsätzlich dürfen Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden, die mit dem Steuerverfahren, in dem die Auskunftserteilung erfolgt, befasst sind; die Informationen dürfen auch nur für steuerliche Zwecke verwendet werden, soweit dies nach den einschlägigen Regelungen (vgl. Art. 26 Abs. 2 OECD-MA bzw. §§ 15, 19 Abs. 2 EUAHiG[10]) erlaubt ist. Die Verwendung auch in Steuerstrafverfahren ist explizit zugelassen. Wird die Geheimhaltungspflicht nicht hinreichend beachtet, so steht es dem um Auskunft ersuchten Staat frei, die Informationsweitergaben zu verweigern[11].

 

Rz. 859

[Autor/Stand] Auskunftsverbote gelten für die Fälle, in denen

  • die erforderliche Ermittlungsmaßnahme oder die Beschaffung der Informationen nach den Regeln des innerstaatlichen Rechts nicht vorgenommen werden könnten[13],
  • der ersuchende Staat unter Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip seine eigenen Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat[14],
  • die Gefahr besteht, dass Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden[15] und dadurch ein mit dem Zweck der Auskunftserteilung nicht zu vereinbarender Schaden entstehen würde,
  • durch die Auskunftserteilung die öffentliche Ordnung verletzt werden würde (Ordre-public-Vorbehalt)[16].
 

Rz. 860

[Autor/Stand] Praktisch bedeutsam ist vor allem das Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen ("Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis" oder "Geschäftsverfahren"[18]). Es bezweckt neben einem effektiven Schutz von Individualinteressen der Auskunftsperson gleichzeitig den Schutz der Volkswirtschaft im Auskunftsstaat vor den Folgen von Wirtschaftsspionage und nicht hinreichender Beachtung des nach den zwischenstaatlichen Normen vorgegebenen Steuergeheimnisses bzw. Datenschutzes im Empfängerstaat[19].

 

Rz. 861

[Autor/Stand] Zu den geschützten Geschäftsgeheimnissen zählen nach überwiegender Ansicht tatsächliche Umstände, die von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und für Dritte praktisch nutzbar sind[21] und deren unbefugte Nutzung zu beträchtlichen Schäden führen kann. Dies sind vor allem Herstellungsverfahren, Kundenlisten, Kalkulationen oder ähnliche Planungsunterlagen etc. Allgemein (etwa anhand öffentlicher Register, Publikationen oder Eigenwerbung) zugängliche unternehmensbezogene Daten unterfallen jedenfalls nicht dem Geheimnisschutz[22].

Allein die Umstände und die Höhe von Geldzahlungen, die mitgeteilt werden sollen, stellen kein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis in diesem Sinne dar, soweit es an einer Nutzbarkeit für Dritte fehlt, etwa weil diese Angaben keine Rückschlüsse auf Kalkulationsgrundlagen des Stpfl. erlauben[23].

 

Rz. 862

[Autor/Stand] Der Maßstab für die zu beachtenden Schranken aufgrund der Geheimhaltung von Berufs- und Geschäftsgeheimnissen bestimmt sich grds. wiederum nach dem innerstaatlichen Recht des Empfängerstaats der Auskunft. Doch sind die Staaten verpflichtet, das nach Ar...

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