Rz. 748

[Autor/Stand] Spontanauskünfte ergehen ohne ein vorhergehendes einzelfallbezogenes Ersuchen. Sie werden auf eigene Initiative der Behörden des Auskunft erteilenden Staates übermittelt, weil damit die Erwartung verbunden wird, dass diese Information in einem anderen Staat für ein Besteuerungsverfahren von Bedeutung sein kann, vor allem weil eine fehlerhafte Steuerfestsetzung im Empfangsstaat möglich erscheint[2]. Es handelt sich insoweit um grenzüberschreitende Kontrollmitteilungen[3].

 

Rz. 749

[Autor/Stand] Für den innergemeinschaftlichen Auskunftsverkehr sind Auskünfte ohne Ersuchen in § 8 Abs. 1 EUAHiG[5] geregelt. Danach kann die FinB nach pflichtgemäßem Ermessen ohne Ersuchen alle Informationen übermitteln, die für die anderen Mitgliedstaaten von Nutzen sein können.

 

Rz. 750

[Autor/Stand] Im Anwendungsbereich der EUAHiRL dürfen im Rahmen des spontanen Informationsaustauschs im Grundsatz nur solche Informationen erteilt werden, die verfügbar sind und die für die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten von Nutzen sein können (§ 8 Abs. 1 EUAHiG). Dies entspricht dem Grundsatz der Verfügbarkeit von Informationen.

 

Rz. 751

[Autor/Stand] Die Auskunftserteilung hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen[8]. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden: Grundsätzlich steht die Weiterleitung von Spontanauskünften, wie aus der Gesetzesformulierung in § 8 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG ("kann")[9] folgt, im freien Ermessen der FinB[10]. Die behördliche Ermessensentscheidung unterliegt einer gerichtlichen Kontrolle nur in den von § 102 Satz 1 FGO vorgegebenen Grenzen, d.h. im Hinblick auf einen Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensfehlgebrauch.

Ausnahmsweise ist das Ermessen unter den in § 8 Abs. 2 EUAHiG aufgeführten Voraussetzungen hin zu einer Pflicht zur Auskunftserteilung intendiert (s. dazu sogleich Rz. 753).

 

Rz. 752

[Autor/Stand] Rechtsgrundlagen für Spontanauskünfte ergeben sich u.a. aus § 8 EUAHiG, § 6 EUBeitrG, Art. 15 MwSt-ZVO, Art. 16 Abs. 1 VerbrSt-ZVO, den Auskunftsklauseln der DBA (Art. 26 Abs. 1 OECD-MA) und aus Art. 7 des Übereinkommens über gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen[12].

 

Rz. 753

[Autor/Stand] Die obligatorische Weiterleitung von Informationen greift vor allem ein, wenn Gründe für die Vermutung einer Steuerverkürzung in dem anderen Mitgliedstaat vorliegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 EUAHiG). Hierfür soll genügen, dass das Verhalten des Stpfl. nach der allgemeinen Lebenserfahrung den Rückschluss erlaubt, er wolle verhindern, dass die zuständigen Behörden Kenntnis von einem steuerlich erheblichen Sachverhalt erlangen[14]. Es ist nicht erforderlich, dass die Besteuerung im anderen Mitgliedstaat überwiegend wahrscheinlich ist[15].

 

Rz. 754

[Autor/Stand] Ein verpflichtender spontaner Informationsaustausch besteht auch in den Fällen, in denen "steuerliche Vorbescheide" erteilt worden sind. Angesprochen sind damit "verbindliche Auskünfte, verbindliche Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten"[17].

 

Rz. 755

[Autor/Stand] Die weiteren Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 2–4 EUAHiG beschreiben teilweise überlappend typische Konstellationen, in denen eine Steuerverkürzung im Ausland möglich ist[19]. Die Ausgestaltung der Tatbestände nach § 8 Abs. 2 EUAHiG lässt wenig Raum für den Anwendungsbereich einer Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 EUAHiG, die insoweit praktisch als Auffangtatbestand fungiert[20].

In diesen Fällen regelt § 8 Abs. 3 EUAHiG enge zeitliche Vorgaben für die Auskunftserteilung. Die Übermittlung der Informationen hat unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat, nachdem die Informationen verfügbar geworden sind, zu erfolgen.

 

Rz. 756

[Autor/Stand] Die Erteilung von Spontanauskünften ist grds. auch von den sog. großen Auskunftsklauseln in den DBA nach dem Maßstab des Art. 26 Abs. 1 OECD-MA – vorbehaltlich einschränkender Auskunftsklauseln – gedeckt[22]. Der Wortlaut enthält sowohl nach der ab 2005 geltenden Fassung als auch nach der früheren Formulierung keine Einschränkung des Auskunftsverkehrs etwa dahin gehend, dass Auskünfte nur auf Ersuchen erteilt werden dürfen. Die DBA-Norm erlaubt zudem – dem Charakter einer Kontrollmitteilung entsprechend – die Weitergabe von Informationen, welche nicht die am Auskunftsverfahren Beteiligten, sondern dritte Personen, typischerweise Geschäftspartner oder verbundene Unternehmen des Stpfl. betreffen.

 

Rz. 757– 764

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[2] Vgl. Hendricks, Internationale Informationshilfe, S. 63; Kemper in Rolletschke/Kemper, § 399 AO Rz. 193.
[3] Ebenso Seer/Gabert, StuW 2010, 3 (13); Hendricks, Internationale Informationshilfe, S. 63 m.w.N.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[5] Entspricht § 2 Abs. 2 Satz 1 EG-Amtshilfe-Gesetz i.d.F. von Art. 17 Nr. 3 JStG 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[8] Seer, IWB 2014, 87 (91).
[9] Entspricht der Regelung im frü...

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