Rz. 900

[Autor/Stand] Von der zwischenstaatlichen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen ist die zwischenstaatliche Amtshilfe[2] zu unterscheiden (Rz. 1051)[3].

Der praktische Unterschied wird sogleich deutlich: Die Gewährung von zwischenstaatlicher Amtshilfe durch Informationsaustausch, auch im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung, stellt einen Eingriff in die Rechte des betroffenen inländischen Beteiligten dar[4]. Zwar ist eine Anhörung des Beteiligten bei der Inanspruchnahme steuerlicher Amtshilfe nicht vorgesehen; rechtliches Gehör soll indes gewährt werden, wenn das Auskunftsersuchen Informationen enthält, die für den Betroffenen im anderen Staat zu einem Eingriff in seine rechtlich geschützte Sphäre führen könnten. Bei einem strafrechtlichen Rechtshilfeersuchen findet keine vorherige Anhörung statt, um den Zweck der Maßnahme nicht zu gefährden[5].

 

Rz. 901

[Autor/Stand] Wird die FinB als Strafverfolgungsbehörde in einem Steuerstrafverfahren tätig, sind die entsprechenden strafprozessualen Maßnahmen, wie z.B. Durchsuchung, Beschlagnahme und Zeugenvernehmung, nach den Regeln über die zwischenstaatliche Rechtshilfe in Strafsachen durchzuführen. Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Steuerstrafverfahren ist aufgrund der Doppelfunktionalität untrennbarer Bestandteil dieses Verfahrens. Die Ermittlungsergebnisse des Steuerstrafverfahrens können daher – in der Regel – unmittelbar im Besteuerungsverfahren verwendet werden.

 

Rz. 902

[Autor/Stand] Auch können nach Einleitung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens Auskünfte auf dem Amtshilfeweg zum Zweck der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen unter Beachtung des § 393 Abs. 1 AO eingeholt und erteilt werden. Rechtsgrundlage hierfür bilden die Doppelbesteuerungsabkommen mit großer Auskunftsklausel, bilaterale Amtshilfe-Verträge, die EG-Amtshilfe-Richtlinie sowie die Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 vom 7.10.2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92.

 

Rz. 903

[Autor/Stand] Als Rechtshilfemaßnahmen der sog. kleinen Rechtshilfe/Beweisrechtshilfe in Strafsachen kommen namentlich in Betracht:[9]

  • Europäische Ermittlungsanordnung;
  • Vernehmung und Beschaffung von Aussagen von Personen;
  • Erteilung von Auskünften und Überlassung von Schriftstücken und anderen Unterlagen, einschließlich Auszügen aus Strafregistern;
  • Fahndung nach Personen und Sachen, einschließlich deren Identifizierung;
  • Durchsuchung und Beschlagnahme;
  • Herausgabe von Gegenständen, einschließlich der Überlassung von Beweisstücken;
  • grenzüberschreitende Vermögensarreste;
  • Überstellung von Häftlingen und anderen Personen zur Beweiserhebung oder zur Unterstützung von Ermittlungen;
  • Zustellung von Schriftstücken, einschließlich solcher, die auf das Erscheinen von Personen gerichtet sind;
  • besondere Ermittlungsmethoden wie z.B. Überwachung des Fernmeldeverkehrs, verdeckte Ermittlungen und kontrollierte Lieferungen;
  • Unterstützung bei Verfahren in Bezug auf Sicherstellung und Einziehung von Vermögenswerten, Rückerstattung, Beitreibung von Geldstrafen;
  • sonstige Unterstützung, soweit sie im Einklang mit dem Ziel des jeweiligen Vertrags steht und nicht mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar ist;
  • die Sicherstellung und Herausgabe von Akten und Schriftstücken sowie
  • die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten zur Einziehung oder Rückerstattung an den Berechtigten;

sowie die sog. große Rechtshilfe, welche zusätzlich umfasst:

  • Auslieferung;
  • Durchlieferung;
  • Vollstreckung, auch von Einziehungsentscheidungen.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[2] Zum Ganzen Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht4, Rz. 19.53 ff.; Hendricks, Internationale Informationshilfe im Steuerverfahren.
[3] Ausführlich hierzu Peters in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht2, Kap. "Rechtshilfe" (im Erscheinen begriffen).
[4] Zum überdies geltenden Subsidiaritätsprinzip vgl. Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht4, Rz. 19.64; zwischenstaatliche Amtshilfe durch einen anderen Staat kann nur verlangt werden, wenn die deutsche Finanzverwaltung die Tatsachen nicht selbst ermitteln kann, wenn benötige Beweismittel sich tatsächlich im Besitz des ersuchten Staates befinden und wenn sie die entsprechenden Sachverhaltsaufklärungsmaßnahmen nur mit wesentlich größerem Aufwand vornehmen könnte als der ersuchte Staat (vgl. auch § 112 AO); vgl. auch BMF v. 25.1.2006 – IV B 1 - S 1320 - 11/06, BStBl. I 2006, 26 Rz. 2.1.2 (Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen).
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[9] Vgl. dazu Schomburg, StV 1983, 39; Schomburg/Lagodny, NStZ 1992, 353.

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