Rz. 24

[Autor/Stand] Wann eine doppeldeutige, äußerlich neutrale Maßnahme objektiv erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen eines Steuervergehens strafrechtlich vorzugehen, lässt sich allgemein verbindlich kaum sagen.

Bei zweifelhaften Sachgestaltungen kommt es maßgeblich auf die objektive Deutung von Sinn und Zweck der Maßnahme aus der Sicht eines außenstehenden Dritten an[2].

Die innere Willensrichtung des Ermittlungsbeamten ist von untergeordneter Bedeutung[3]. Entscheidend für die Frage, ob z.B. ein Auskunftsverlangen des Prüfers (§ 93 AO) oder die Aufforderung, Urkunden vorzulegen (§ 97 AO), zulässigerweise im Besteuerungsverfahren ergangen ist oder unter Verstoß gegen § 397 Abs. 3 AO und die Belehrungspflichten (§ 393 Abs. 1 Satz 4 AO) bereits eine Vernehmung (§ 136 Abs. 1, § 163a StPO) bzw. Sicherstellung im Steuerstrafverfahren darstellt, ist, ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein strafprozessualer Anfangsverdacht (s. dazu Rz. 5) vorgelegen hat.

 

Beispiel 3

Die Finanzverwaltung hat durch einen anonymen Hinweis erfahren, dass der Stpfl. S Scheinrechnungen erstellt hat. In einer für einen Tag angesetzten Betriebsprüfung bei S ließ sich der Prüfer lediglich die in der Anzeige aufgeführten Rechnungen vorlegen. Im Anschluss daran wurde gegen S ein Steuerstrafverfahren eingeleitet.

Das FG lehnte ein Beweisverwertungsverbot ab mit der Begründung, erst nach Sichtung der Rechnungen habe sich ein Anfangsverdacht ergeben.

Im Beispielsfall diente die Außenprüfung nicht ausschließlich der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, sondern auch der Prüfung, ob eine Steuerhinterziehung vorliegt. Daher hat die FinB mit dem Auftreten unter dem Deckmantel des Betriebsprüfungsverfahrens zumindest auch erkennbar die Aufklärung der strafrechtlichen Verdachtsgründe betrieben und gegen den Stpfl. wegen einer Steuerzuwiderhandlung ermittelt. Nach den Kriterien des § 397 Abs. 1 AO ist das Steuerstrafverfahren eingeleitet worden. Um nicht der Gefahr einer Selbstbelastung ausgesetzt zu sein, hätte es spätestens bei Beginn der Prüfung einer Mitteilung nach § 397 Abs. 3 AO und der strafprozessualen Beschuldigtenbelehrung bedurft.

[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.09.2021
[2] Rolletschke in Rolletschke/Kemper, § 397 AO Rz. 57; ähnlich Nikolaus in Schwarz/Pahlke, § 397 AO Rz. 40.
[3] Hellmann in HHSp., § 397 AO Rz. 32 ff.

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