Rz. 446

[Autor/Stand] Die Versagung der Akteneinsicht erfordert einen Bescheid mit kurzer Begründung,[2] von der nur abgesehen werden kann, wenn durch Offenlegung der Gründe der Untersuchungszweck gefährdet wäre (vgl. § 147 Abs. 5 Satz 4 StPO); die Begründung ist allerdings aktenkundig zu machen.

 

Rz. 447

[Autor/Stand] Verweigert die FinB/StA die Akteneinsicht, steht dem Verteidiger mit § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO ein eigenständiger Rechtsbehelf zur Verfügung.[4]

 

Rz. 448

[Autor/Stand] Es kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 StPO zuständige Gericht beantragt werden. Im Ermittlungsverfahren ist damit das Amtsgericht als sog. "Ermittlungsgericht", d.h. der dafür gem. § 21e GVG bestellte Richter beim Amtsgericht, zuständig (§ 162 Abs. 1 Satz 1 StPO, s. dazu § 391 Rz. 40 ff.), nach Anklageerhebung das mit der Sache befasste Gericht (§ 162 Abs. 3 Satz 1 StPO), während des Revisionsverfahrens der letzte Tatrichter (§ 162 Abs. 3 Satz 2 StPO), nach Rechtskraft lebt die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters wieder auf (§ 162 Abs. 3 Satz 3 StPO).

 

Rz. 449

[Autor/Stand] Es besteht allerdings kein genereller gerichtlicher Rechtsschutz, sondern nur in folgenden Fällen: Verweigerung der Akteneinsicht

 

Rz. 450

[Autor/Stand] Dies gilt zunächst, wenn in dem Steuerstrafverfahren eine Verhaftung stattgefunden hat. In diesem Fall bestand ausgehend von einer Entscheidungswelle des EGMR mit Blick auf Art. 5 Abs. 4 EMRK jedenfalls ein Anspruch auf alle Aktenbestandteile, die für die Haftentscheidung bedeutsam sind. Zwischenzeitlich ist ein regelmäßiges Akteneinsichtsrecht mit § 147 Abs. 2 Satz 2 StPO anerkannt. Dieses soll allerdings erst ab Vollzug der Haft, nicht schon bereits bei dessen Anordnung bestehen.[8]

 

Rz. 451

[Autor/Stand] Dieser vom EGMR für den Fall der Verhaftung anerkannte Anspruch besteht nach der Rspr. des BVerfG auch, wenn bereits Arrestmaßnahmen durchgeführt wurden. Hier wird in entsprechender Anwendung des § 147 Abs. 2 Satz 2 AO regelmäßig volle Akteneinsicht zu gewähren sein, denn die grundrechtliche Ausgangssituation deckt sich laut BVerfG.

 

Rz. 452

[Autor/Stand] Die Begründung des BVerfG war aber nicht auf Arrestmaßnahmen begrenzt, sondern bezieht sich auf alle

"Eingriffsmaßnahmen vom Gericht im strafprozessualen Ermittlungsverfahren ohne vorherige Anhörung des Betroffenen."

Dies sind namentlich die Durchsuchung und auch die Beschlagnahme. In derartigen Fällen ist das rechtliche Gehör unverzüglich nachzuholen.

"Zum Anspruch auf Gehör vor Gericht gehört [...] auch die Information über die entscheidungserheblichen Beweismittel. Namentlich für Haftfälle [ist anerkannt], dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden darf, die dem Beschuldigten durch Akteneinsicht der Verteidigung bekannt sind [...] Auf Haftfälle ist die Anwendung des Art. 103 Abs. 1 GG aber nicht beschränkt."

Auch hier liegt eine entsprechende Anwendung des § 147 Abs. 2 Satz 2 AO nahe.

 

Rz. 453

[Autor/Stand] Kommt die StraBu/StA dem Akteneinsichtsantrag nicht aus eigenem Antrieb nach, ist Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen, in deren Rahmen die Akteneinsicht oft gewährt wird. Im Rahmen der Beschwerde ist darauf hinzuweisen, dass eine Begründung nach der gleichzeitig beantragten Akteneinsicht erfolge. Die teilweise zu beobachtende Praxis, auch zu diesem Zeitpunkt keine Akteneinsicht zu gewähren, erscheint abgesehen vom Fall bereits abgeschlossener Maßnahmen rechtswidrig; im Falle einer abgeschlossenen (nicht mehr in die Grundrechte eingreifenden) Durchsuchung sieht das BVerfG das Geheimhaltungsinteresse der Ermittlungsbehörden als sachgerechten Grund für eine Verzögerung der Entscheidung über die Beschwerde an.

 

Rz. 454

[Autor/Stand] Von dieser gem. § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO angeordneten Zuständigkeit abweichend hält die Finanzrspr. den Rechtsweg nach § 33 FGO für gegeben, wenn nach Einstellung eines Steuerstrafverfahrens die Einsichtnahme in eine vom FA geführte Akte abgelehnt wird, in der im Wesentlichen die Ermittlungsergebnisse einer Steufa-Prüfung enthalten sind.[13] Danach bestehe ein Akteneinsichtsrecht nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO nur nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO). Die FinB befinde sich nach Abschluss der Ermittlungen nicht mehr in der Rolle einer "Justizbehörde", sondern sei wieder "Steuerbehörde".[14] Die Akteneinsicht sei nicht mehr Verteidigungshandlung, sondern "Abgabenangelegenheit" i.S.d. § 33 FGO. Bis zu einer etwaigen Wiederaufnahme des Verfahrens sollen die FinB hinsichtlich der Akten, die bei dem Steuerstrafverfahren erwachsen sind, lediglich die Funktion der Aktenverwaltung wahrnehmen. Wegen diese...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge