I. Übersicht

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Siehe zunächst auch die Erläuterungen bei § 370 Rz. 79 ff. Im Gegensatz zu der örtlichen Zuständigkeit der StA (§ 143 Abs. 1 GVG, s. § 391 Rz. 78) ist die der FinB nicht an die Zuständigkeit eines Gerichts geknüpft und gebunden. In § 388 Abs. 1 AO werden vier verschiedene Anknüpfungspunkte für die örtliche Zuständigkeit angeführt, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen und sich an den Bedürfnissen der Praxis orientieren. Es kommen in Betracht: die FinB

  • des Tatorts (Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1);
  • des Orts der Entdeckung (Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2);
  • die zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens für die Abgabenangelegenheiten zuständig ist (Abs. 1 Nr. 2);
  • in deren Bereich der Beschuldigte zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens seinen Wohnsitz hat (Abs. 1 Nr. 3).

Daneben enthalten die Abs. 2 und 3 weitere Anknüpfungspunkte, die an die Stelle der in Abs. 1 genannten treten, sofern eine Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit danach nicht möglich ist. Es sind dies:

  • der neue Wohnsitz des Beschuldigten, wenn dieser sich nach Einleitung des Strafverfahrens ändert (Abs. 2 Satz 1);
  • die FinB, die bei einer Zuständigkeitsänderung nunmehr für die Abgabenangelegenheiten zuständig ist (Abs. 2 Satz 2);
  • der gewöhnliche Aufenthaltsort, wenn der Beschuldigte im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen Wohnsitz hat (Abs. 3).
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2023

II. Tatort (§ 388 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 AO)

 

Rz. 14

[Autor/Stand] Mit der Formulierung "in deren Bezirk die Steuerstraftat begangen ... worden ist" knüpft § 388 AO an § 9 StGB i.V.m. § 369 Abs. 2 AO an, der den Ort der Tatbegehung wir folgt umschreibt (s. auch § 370 Rz. 79.4):

§ 9 StGB Ort der Tat

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

Der Tatortbegriff des § 388 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 AO entspricht nach einhelliger Ansicht dem des § 9 StGB (vgl. Nr. 24 Abs. 1 AStBV (St) 2023 (s. AStBV Rz. 24)[2].

 

Rz. 15

[Autor/Stand] Vgl. auch im Bußgeldverfahren § 7 OWiG (Ort der Handlung).

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Nach § 9 Abs. 1 StGB ist die Tat an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. Begehungsort ist danach sowohl der Tätigkeitsort als auch der Erfolgsort (sog. Ubiquitätsprinzip bzw. Einheitsprinzip).

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Für die Teilnahme bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 1 StGB, dass neben dem Ort, wo die Haupttat begangen wird, auch jeder Ort der Teilnahme selbst Tatort ist. § 9 Abs. 2 Satz 2 StGB unterstellt – noch weitergehend – die Inlandsteilnahme an einer Auslandstat ohne Rücksicht auf das Tatortrecht dem deutschen Strafrecht[6].

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Bei der Steuerhinterziehung bzw. der Steuerverkürzung ist Tatort daher regelmäßig der Ort, an dem eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung abgegeben bzw. unterlassen wurde (s. näher § 370 Rz. 79.4). Das gilt auch für elektronisch abgegebene Steuererklärungen, wie dies z.B. seit dem 1.1.2011 obligatorisch ist für Umsatzsteuerjahreserklärungen[8].

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Entsprechend dem materiell-rechtlichen Begriff des § 9 Abs. 1 StGB, zu dem nach einhelliger Ansicht sämtliche im Ausführungsstadium der Tat erbrachten Beiträge, auch die im Versuchsstadium steckengebliebenen Handlungen, gehören, ist bei der Steuerhinterziehung der Tätigkeitsort regelmäßig durch die Übermittlung der unrichtigen Steuererklärung an das zuständige FA begründet[10].

 

Beispiel

Der in Y wohnhafte Stpfl. S gibt die unrichtige Einkommensteuererklärung in Z auf die Post. Sowohl das Veranlagungs-FA Y, bei dem die Steuererklärung eingeht, als auch das FA Z wären gem. § 388 Abs. 1 Nr. 1 AO örtlich zuständig.

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Im Falle des Unterlassens ist abzustellen auf den Sitz der FinB, der gegenüber die Erklärung hätte abgegeben werden müssen.

 

Rz. 20.1

[Autor/Stand] Bei der Hinterziehung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben liegt der Tatort i.S.v. § 9 Abs. 1 StGB dort, wo die Zollbehörde getäuscht oder das Schmuggelgut über die Grenze gebracht wird[13] (s. § 370 Rz. 79.3, 79.4, 1530 ff.).

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Wird durch unrichtige Angaben die gesonderte Feststellung gem. § 179 ff. AO veranlasst (zur Tatbegehung s. § 370 Rz. 405 f., 708 f.), so ist über den Ort der Tathandlung sowohl die für den Erlass des Grundlagenbescheids im Verwaltungsverfahren zuständige FinB (§ 6 AO) als auch über den Erfolgsort die für den Erla...

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