Rz. 985

[Autor/Stand] Ob sich der Beschlagnahmeschutz bei Durchsuchungen beim steuerlichen Berater (näher dazu s. Rz. 961 ff.) neben § 97 StPO auch nach § 160a StPO (s. dazu Rz. 935 ff.) richtet, ist umstr.

Nach überw. Ansicht tritt § 160a StPO gegenüber § 97 StPO zurück (§ 160a Abs. 5 StPO, s. Rz. 950 m.w.N.)[2], insb. dann, wenn § 97 StPO an den Eingriff höhere Anforderungen stellt. So gilt für Mitteilungen zwischen steuerlichem Berater und dem Beschuldigten ohne weiteres ein Beschlagnahmeverbot gem. § 97 Abs. 1 StPO, während § 160 Abs. 2 StPO i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voraussetzt[3].

Bei § 160a StPO muss zunächst eine Prognose erstellt werden, ob mit der beabsichtigten Ermittlungsmaßnahme Erkenntnisse aus dem Schutzbereich des § 53 StPO zu erwarten sind. Danach ist die Beschlagnahme bei einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer, der keiner Straftat verdächtigt wird (§ 103 StPO), rechtswidrig, wenn zuvor die Unterlagen nicht im Wege eines Herausgabeverlangens nach § 95 StPO angefordert wurden. Ein solches Vorgehen ist dann mit Blick auf den starken Grundrechtseingriff in die Art. 1214 GG unverhältnismäßig (§ 160a Abs. 2 StPO)[4].

 

Rz. 986

[Autor/Stand] Obwohl die Beschlagnahme bereits abgeschlossen war, ist ein Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme nicht entfallen. Das gründet sich darauf, dass im Unterschied zu § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO auch nicht mit der Erledigung des Auftrags und somit auch nach Abgabe der Steuererklärungen noch fortwirkt.

 

Rz. 987

[Autor/Stand] Nach dieser weiten Auslegung kann u.U. sogar die Aussage verweigert werden, ob zu einer bestimmten Person überhaupt ein Mandatsverhältnis besteht. Die relevanten Unterlagen unterfallen dem Schutzbereich des § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Als milderes Mittel muss der Steuerberater also zunächst aufgefordert werden, die Unterlagen herauszugeben. Wenn die Ermittlungsbehörden dagegen als Erstmaßnahme einen Durchsuchungsbeschluss erwirken, spricht einiges für die Rechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise[7].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[2] Vgl. die sog. Jones Day Beschlüsse des BVerfG v. 27.6.2018 – 2 BvR 1405/17, 2 BvR 1780/17, NJW 2018, 2385 (2387) m. Anm. Knauer, NStZ 2019, 164; BGH v. 8.8.2018 – 2 ARs 121/18, 2 AR 69/18, NJW 2018, 3261 (3263); LG Stuttgart v. 26.3.2018 – 6 Qs 1/18, StV 2019, 7 m. Anm. Jahn/Kirsch; Engelhart, wistra 2018, 407.
[3] Schuster, NZWiSt 2012, 28 (30); Jahn, NStZ 2012, 718; Schneider, StV 2016, 309 f.; Ballo, NZWiSt 2013, 46 (50); Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt63, § 160a StPO Rz. 17.
[4] LG Saarbrücken v. 12.3.2013 – 2 Qs 15/13, NStZ-RR 2013, 183 m. Anm. Beyer, NWB 2013, 2497, instruktiv mit Verhaltensempfehlungen; Külz/von Hake, PStR 2015, 159 (160); Rütters, jurisPR-Straf 4/2012; die Verhältnismäßigkeit bejaht dagegen LG Halle v. 7.6.2017 – 2 Qs 1/2017, 2 Qs 2/2017 Rz. 13, ZInsO 2017, 2178.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[7] Külz/von Hake, PStR 2015, 159 (160).

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