Rz. 63

[Autor/Stand] Die Verjährungsfrist beträgt bei der Gefährdung von Abzugsteuern fünf Jahre (§ 384 AO). Sie beginnt mit Beendigung der Tat, die bei allgemeinen, nichtsteuerlichen Delikten spätestens mit dem Wegfall der Handlungspflicht, also nicht notwendig schon mit dem Ablauf einer für das Handeln gesetzten Frist[2]. In Übertragung dieser allgemeinen Verjährungsregel auf den Bußgeldtatbestand des § 380 AO wollte die überw. Ansicht[3] die Handlungspflicht als so lange fortbestehend ansehen, bis ihr Genüge getan wird (z.B. durch spätere Entrichtung der Abzugsbeträge) bzw. ihre Erfüllung nicht mehr notwendig ist (z.B. bei zwischenzeitlicher Schätzung) oder bis sie infolge des Wegfalls des Abzugsschuldners (z.B. bei Insolvenzeröffnung, Auflösung einer GmbH) bzw. Beendigung der verantwortlichen Stellung im Betrieb (z.B. bei der Vertreterhaftung gem. § 9 OWiG, §§ 34, 35 AO; s. Rz. 15 ff.) entfällt. Gerade die letztgenannten Beispiele machen deutlich, dass diese Rechtsauffassung zu einem langen Hinausschieben der Verjährungsfrist führt. In diesen Meinungsstreit ist durch die Rspr.-Änderung des BGH zum Verjährungsbeginn bei § 266a StGB[4] Bewegung gekommen. Danach besteht bei § 266a StGB der tatbestandsmäßige Unrechtskern im Vorenthalten der Beiträge zur Sozialversicherung. Tatvollendung soll daher eintreten, sobald die versäumte Zahlungsfrist abläuft, d.h. mit dem Verstreichenlassen des Fälligkeitszeitpunkts (§ 23 Abs. 1 SGB IV), ohne dass die entsprechenden Beiträge abgeführt worden sind. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Rechtsgutsverletzung mit Nichtzahlung im Zeitpunkt der Fälligkeit irreversibel eingetreten sei und durch weiteres Untätigbleiben nicht mehr vertieft werde. Die Strafbewehrung eines weiteren Unterlassens nach Vollendung des Tatbestands sei daher nicht gerechtfertigt. Diese Erwägungen sind auf den strukturgleichen Tatbestand des § 380 AO übertragbar.[5] Die Verjährungsfrist bei § 380 AO beginnt daher spätestens mit Verstreichenlassen des jeweiligen Fälligkeitstermins zur Abführung der Steuerabzugsbeträge (vgl. auch die Erl. zu § 384 Rz. 9 und zu § 379 Rz. 721 f.).

[Autor/Stand] Autor: Talaska, Stand: 01.10.2023
[2] Allg. zur Verjährung beim echten Unterlassungsdelikt BGH v. 4.4.1979 – 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371 (380) = GmbHR 1980, 104; OLG Düsseldorf v. 12.11.1984 – 1 Ws 1098/84, MDR 1985, 342; Gürtler/Thoma in Göhler18, § 31 OWiG Rz. 10 f.
[4] BGH v. 13.11.2019 – 1 StR 58/19, wistra 2020, 109 = ZWH 2020, 219 m. Anm. Schäuble; BGH v. 1.9.2020 – 1 StR 58/19, wistra 2021, 68 = GmbHR 2021, 200 m. Anm. Brand = ZIP 2020, 2404.
[5] So nun auch Jäger/Ebner in JJR9, § 380 AO Rz. 56 unter Verweis auf Jäger in JJR9, § 384 AO Rz. 17; Bülte in HHSp. § 380 AO Rz. 104; a.A. bzgl. Ordnungswidrigkeiten nach dem MiLoG OLG Brandenburg v. 8.12.2021 – 1 OLG 53 Ss-OWi 255/21, wistra 2022, 261.

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