Rz. 35

[Autor/Stand] Die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge sind nur abgeführt, wenn sie vorschriftsmäßig bei dem zuständigen FA eingehen (vgl. § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Lohnsteuer, § 44 Abs. 1 Satz 5 EStG für die Kapitalertragsteuer, § 48a Abs. 1 Satz 2 EStG[2] für die Bauabzugsteuer, § 50a Abs. 5 Satz 3 EStG für die Aufsichtsrats- und Vergütungssteuern). Der Abzugspflichtige muss die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge zur (vollständigen) Zahlung seiner Abführungsschuld verwenden.

Die Tatbestandsalternative des Nichtabführens ("Nichtzahlung") ist folglich erfüllt, wenn die Zahlung – vorbehaltlich der Vereinbarung eines anderen Termins – nicht mit Fälligkeit der Abführung erfolgt. Es genügt die Einbehaltung auf Zeit; dauernde Vorenthaltung der Abzugsbeträge ist nicht erforderlich. Der Abführungspflicht ist nicht Genüge getan, wenn der Verpflichtete den entsprechenden Betrag zwar der Finanzkasse übermittelt, damit aber eine andere Steuerschuld beglichen werden soll[3]. Werden die Beträge bei einem unzuständigen FA eingezahlt, so werden häufig die subjektiven Voraussetzungen (s. Rz. 42 ff.) für eine Ahndung nach § 380 AO fehlen. Unter Umständen kann nach § 47 Abs. 1 OWiG von einer Verfolgung abgesehen werden.

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Zahlt der Abzugsverpflichtete freiwillig im maßgeblichen Zeitraum einen Betrag, der den Abzugsteuerbeträgen entspricht, ohne Tilgungsbestimmung (vgl. § 225 Abs. 1 AO) bei der FinB ein, so richtet sich die Tilgungsreihenfolge nach § 225 Abs. 2 AO. Das Gleiche gilt in sog. Verrechnungsfällen bei bestehenden Steuerguthaben (z.B. Vorsteuererstattungen u.a.). Danach werden zunächst die Geldbußen, sodann nacheinander die Zwangsgelder, die Steuerabzugsbeträge, die übrigen Steuern, die Kosten, die Verspätungszuschläge, die Zinsen und die Säumniszuschläge getilgt. In diesem Zusammenhang sind wegen der Bußgelddrohung des § 380 AO zugunsten des Abzugsverpflichteten die Steuerabzugsbeträge den Steuern vorrangig[5]. Die FinB hat die Zahlung auch dann auf die Abzugsteuer zu verrechnen, wenn sich der Täter noch mit anderen Steuerverpflichtungen im Rückstand befindet, deren Nichterfüllung nicht mit Bußgeld bedroht ist. Die Steuerbehörde ist nicht berechtigt, die Zahlung so zu verrechnen, dass ein mit Bußgeld bedrohter Rückstand entsteht[6]. § 380 AO ist demnach erst dann erfüllt, wenn die geleistete Zahlung bei der Verrechnung die Abzugsteuerschuld nicht abdeckt.

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Führt der Abzugsverpflichtete die ordnungsgemäß einbehaltenen und angemeldeten Abzugsbeträge nicht ab, weil er mit Gegenansprüchen aus anderen Steuerarten gegen das FA aufrechnen kann (vgl. § 226 AO), verwirklicht er damit nicht den Tatbestand des § 380 AO. Die Aufrechnung ist jedoch nur unter den in § 226 Abs. 24 AO bezeichneten engen Voraussetzungen möglich. Allerdings führt nicht allein der Umstand, dass dem Abzugsverpflichteten Gegenforderungen gegen die FinB zustanden, zum Erlöschen der Steuerschuld. Erforderlich ist neben einer Aufrechnungserklärung vor allem, dass die Gegenansprüche fällig sowie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind[8].

 

Beispiel

nach OLG Köln[9]. Der Geschäftsführer einer GmbH führte die Lohnsteuerabzugsbeträge nicht an das FA ab. Die Lohnsteuerschulden wurden sodann – zum überwiegenden Teil nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH – durch Verrechnung mit Steuerguthaben andere Steuerarten betreffend seitens des FA vollständig beglichen.

Die Steuerschuld der zur Abführung der Lohnsteuerbeträge verpflichteten GmbH als Arbeitgeber wurde mangels wirksamer Aufrechnungserklärung des Geschäftsführers der GmbH nicht rechtzeitig zum Fälligkeitszeitpunkt getilgt. Im Übrigen können die Gegenansprüche nur aus vor der Insolvenzeröffnung getätigten geschäftlichen Vorgängen erwachsen sein.

In den vorbezeichneten Aufrechnungsfällen liegt jedoch ein vorsatzausschließender Irrtum des Täters, der in Anbetracht bestehender Guthaben aus anderen Steuerarten davon ausgeht, seine Abführungspflicht sei erfüllt, zumindest nahe (s. Rz. 44)[10].

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Wann der Zeitpunkt für eine "rechtzeitige" Abführung der Steuerabzugsbeträge anzunehmen ist, ergibt sich aus den einzelnen Steuergesetzen. Die Lohnsteuer ist spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums (i.d.R. nach jedem Kalendermonat, § 41a Abs. 2 Satz 1 EStG; vgl. zu den längeren Fristen § 41a Abs. 2 Satz 2 EStG) abzuführen. Bei der Kapitalertragsteuer sind die innerhalb eines Kalendermonats einbehaltenen Abzugsbeträge jeweils bis zum zehnten des folgenden Monats an das zuständige FA abzuführen (§ 44 Abs. 1 Satz 5 EStG). Bei den beschränkt steuerpflichtigen Personen sind die innerhalb eines Kalendervierteljahres einbehaltenen Aufsichtsratsteuer und Vergütungssteuer bis zum zehnten des dem Vierteljahr folgenden Monats abzuführen (§ 50a Abs. 5 Satz 3 EStG). Die Bauabzugsteuer hat der Leistungsempfänger wie auch die Anmeldung binnen zehn Tagen nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenlei...

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