a) Allgemeines

 

Rz. 53

[Autor/Stand] Nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind, und dadurch – sei es auch unbeabsichtigt – ermöglicht, Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Unmaßgeblich ist es, ob eigene oder fremde Steuern betroffen sind.

b) Täterkreis

 

Rz. 54

[Autor/Stand] Bei dieser Tatbestandsalternative ist der Täterkreis nicht auf den Stpfl. beschränkt. Täter kann jeder sein, der in der Lage ist, für sich oder einen Dritten einen unrichtigen Beleg auszustellen, dessen Gebrauch es ihm oder dem Empfänger des Belegs ermöglicht, eine Steuerverkürzung herbeizuführen[3]. Als Täter kommt daher neben dem Stpfl. selbst, der sich unrichtige Eigenbelege ausstellt, bspw. in Betracht, wer

  • als Gewerbetreibender für andere Personen Gefälligkeitsbelege ausstellt, damit die darin ausgewiesenen Aufwendungen bei diesen gewinnmindernd verbucht werden können;
  • als Verkäufer auf einer Quittung für Illustrierten-Zeitschriften den Kauf von steuerrechtlicher Fachliteratur bescheinigt;
  • als Kellner unrichtige Angaben in einen Bewirtungsbeleg aufnimmt;
  • als angeblicher Mieter einen zum Schein abgeschlossenen Mietvertrag unterzeichnet, mit dessen Vorlage der angebliche Vermieter Verluste aus Vermietung und Verpachtung geltend macht;
  • als Familienangehöriger den Erhalt höherer als die tatsächlich empfangenen Leistungen (Unterhalts- oder Unterstützungszahlungen) bestätigt oder bescheinigt, dass ein Kind im Haushalt einer Person aufgenommen wurde (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 EStG), oder als Ausbilder eine Bescheinigung über ein tatsächlich nicht abgeleistetes Praktikum erteilt (vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1, 4 Nr. 2 EStG; Gefahr der unberechtigten Inanspruchnahme von Kindergeld als Steuervergütung, s. § 31 Satz 3 EStG; dazu Beispiel Rz. 60);
  • als Arzt wahrheitswidrig einen Kuraufenthalt bescheinigt (Gefahr der Geltendmachung als außergewöhnliche Belastung);
  • als Architekt, Berater etc. höhere Honorare in Rechnungen ausweist als tatsächlich angefallen sind;
  • als Vorstand einer gemeinnützigen Einrichtung die Verwendung von Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke bescheinigt, obwohl es sich bei der Zuwendung um ein Entgelt für von der Einrichtung empfangene Leistungen handelt;
  • als Steuer- oder Zollbeamter eine objektiv unrichtige Ausfuhrbescheinigung ohne Prüfung der bescheinigten Tatsachen ausstellt[4];
  • als Übernachtungsgast gegenüber dem Beherbergungsbetrieb eine unrichtige Bestätigung über die berufliche Veranlassung einer Übernachtung (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 3 und 4 BremTourAbgG[5]) aushändigt[6].
 

Rz. 55

[Autor/Stand] Neben den Fällen, in denen die Erteilung sachlich unrichtiger Belege unaufgefordert geschieht, wird vielfach der Stpfl. selbst die Anregung zur Ausstellung geben. Er ist dann Tatbeteiligter i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG, da er sich bewusst und gewollt an der Tat des Belegausstellers beteiligt.

 

Beispiel

Versicherungsmakler A besucht am Sonntag mit seiner Familie ein Restaurant. Er bittet den Kellner K, die Rechnung auf einen Werktag vorzudatieren. K ist sich bewusst, dass A die Ausgaben als Betriebsausgaben absetzen will. Er kommt dem Wunsch des A aber nach, weil er ihn als guten Kunden kennt[8]. Hier begehen sowohl A als auch K eine Steuergefährdung i.S.d. § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.

 

Rz. 56

[Autor/Stand] Dagegen ist das bloße Entgegennehmen eines unrichtigen Belegs, ohne dass der Empfänger die Tat des Ausstellers darüber hinaus fördert, nicht ordnungswidrig i.S.d. § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.

 

Beispiel

Ausgangsfall wie vorstehend. Der Kellner K kennt den Gast A gut und möchte ihm einen Gefallen erweisen. Er datiert von sich aus die Rechnung vor und überreicht sie A mit der Bemerkung, die FinB brauche von der kleinen Familienfeier ja nichts zu wissen. A steckt die Rechnung ein.

In diesem Fall macht sich K einer Steuergefährdung schuldig. Unerheblich ist, dass er uneigennützig handelt; § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO verlangt kein Handeln zum eigenen Vorteil. K kann auch dann mit einem Bußgeld belegt werden, wenn A von dem Beleg keinen Gebrauch macht[10].

Dagegen liegt aufseiten des A nur eine straflose notwendige Beteiligung[11] an fremder Tat vor. Erst wenn A von dem falschen Beleg Gebrauch macht, kann er je nach Fallgestaltung wegen § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO oder §§ 370, 378 AO verfolgt werden.

 

Rz. 57

[Autor/Stand] Notwendige Teilnahme[13] liegt vor, wenn ein Tatbestand begrifflich nur dadurch verwirklicht werden kann, dass mehrere Personen mitwirken. Droht das Gesetz nur bestimmten Beteiligten eine Strafe oder ein Bußgeld an, so sind die anderen straflos, wenn sie nur das tun, was zur Verwirklichung des Tatbestands begrifflich notwendig ist. Im Beispiel gehört das Aushändigen des Belegs an den Empfänger begrifflich zum Tatbestandsmerkmal "Ausstellen" des Belegs (s. Rz. 73).

c) Begriff des "Belegs"

 

Rz. 58

[Autor/Stand] Unter Belegen i.S.d. § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO v...

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