Rz. 93

[Autor/Stand] Im Bereich der sog. Parteienfinanzierung[2] wurde 1989 mit dem Vereinsförderungsgesetz[3] eine Vertrauensschutzregelung für Spender, die an politische Parteien spenden, in § 10b Abs. 4 EStG eingeführt. Demnach darf der Stpfl. "auf die Richtigkeit der Bestätigung über Spenden und Mitgliedsbeiträge vertrauen, es sei denn, dass er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat oder dass ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war"[4].

Kam der spendende Stpfl. dieser Verpflichtung nicht nach, musste er sich die inhaltliche Unrichtigkeit der ihm erteilten Spendenbescheinigung vorhalten lassen. Er konnte sich nicht auf eine Prüfungskompetenz des FA berufen, sondern setzte sich bei Nichtbeachtung von konkreten Verdachtsmomenten satzungswidriger Verwendung von Spenden bzw. bei einer ihm unschwer möglichen Einsichtnahme in die Spendenverwendung dem Vorwurf einer leichtfertigen Steuerverkürzung i.S.d. § 378 AO aus.

 

Beispiel 143

Der Angeklagte war alleinvertretungsberechtigter Komplementär der Kommanditgesellschaft K (KG), deren Kommanditistin die P-Stiftung mit einem Gewinnanteil von 90 % war. Die Geschäftsführung lag im Wesentlichen beim Angeklagten. Er hatte auch den Vorsitz im obersten Organ der Geschäftsleitung, der sog. Gesamtleitung. Die StA legte ihm zur Last, er habe von 1971–1982 bei der Abgabe der Körperschaftsteuererklärungen für die P-Stiftung vorsätzlich falsche Angaben gemacht und dadurch Steuern i.H.v. rund 1,3 Mio. DM hinterzogen, indem er Spenden der KG an politische Parteien als Zuwendungen an die SV und andere steuerlich begünstigte oder als Berufsverband anerkannte Vereinigungen geltend gemacht habe. Nach den Feststellungen verwendeten diese Vereinigungen die ihnen zugeflossenen Mittel im Wesentlichen zur Finanzierung von zwei Parteien. Die P-Stiftung machte den Anteil der Zuwendungen, der auf sie entfiel, als abziehbare Aufwendungen in den Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 1971–1980 geltend. Das LG hatte den Angeklagten freigesprochen, da er weder vorsätzlich noch leichtfertig gehandelt habe.

Der BGH bejahte eine leichtfertige Steuerverkürzung des Angeklagten mit folgender Begründung:

„Die Annahme, der Spender sei weder gehalten noch in der Lage, Einblick in das Verhalten der von ihm unterstützten Vereinigung zu nehmen, gilt nicht ausnahmslos. In besonderen Fällen kann sich das Gegenteil aus den Umständen ergeben.

Die Tatumstände können den Spender bei besonderer Fallgestaltung dazu drängen, von einer vorhandenen Möglichkeit zur Kenntniserlangung Gebrauch zu machen, um Steuerverkürzungen zu vermeiden. Anlaß und Möglichkeit, sich zu vergewissern, können sich insbesondere ergeben aus der Art und den Umständen, wie er mit Spendenangelegenheiten befaßt ist; aus der Größenordnung seiner Zuwendungen, die schon im eigenen Interesse oder im Interesse eines betreuten Vermögens Erkundigungen erwarten lassen; aus seinem Wissen um die nur begrenzte Abzugsfähigkeit von Spenden an politische Parteien; aus seinen allgemeinen Kenntnissen von Praktiken der Umwegfinanzierung; aus der Dauer und Intensität seiner Beziehung zu der bedachten Vereinigung, ihren Vertretern und den Funktionären (Spendenakquisiteuren), der hinter ihnen stehenden Parteien sowie ferner aus seiner Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kreis von Spendern und deren Kontakten zueinander [...]

Der Spender kann sich zur inhaltlichen Bedeutung seiner Steuererklärung jedenfalls dann nicht auf eigene Unkenntnis einer vom Aussteller des Belegs bezeichneten Tatsache, auf das Vorliegen des vom Finanzamt verlangten förmlichen Nachweises und auf die Prüfungskompetenz der Finanzbehörden berufen, wenn er nach seiner Stellung und Beziehung zur bedachten Vereinigung unschwer Einblick in deren Verwendungspraxis gewinnen und sich Klarheit darüber verschaffen kann, ob konkret vorhandene, vielleicht sogar zutage liegende Verdachtsmomente über eine satzungswidrige Verwendung der Spenden zutreffen. Jedenfalls bei solcher besonderen Fallgestaltung muß er sich den tatsächlichen Inhalt der Spendenbescheinigung (als von ihm durchschaubar) objektiv als eigene Erklärung zurechnen lassen.”

Zu den subjektiven Tatbestandsmerkmalen bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung im Bereich der verdeckten Parteienfinanzierung vgl. Urteil des BGH vom 4.2.1987[5].

Ein hochbetagter Spender handelt lediglich leichtfertig i.S.d. § 378 AO, wenn er die Auswirkungen der Spendenbescheinigung wohl erkennt, aber lediglich diese an die Buchhaltung weiterleitet, die verfängliche Korrespondenz mit dem Parteischatzmeister zurückbehält, seinen Steuerberater nicht voll informiert und sich darin die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Spendensachverhalt erschöpft[6].

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.09.2022
[2] S. hierzu Wegner, DVBl. 2013, 422.
[3] BGBl. I 1989, 2212.
[4] S. hierzu Braun, PStR 2006, 202.
[6] Vgl. AG Köln v. 20.12.1984 – ...

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