Rz. 652

[Autor/Stand] Fraglich ist, ob die Entdeckung der Tat voraussetzt, dass die Person des Täters bekannt ist. Nach einer Auffassung wird diese Frage verneint, da das Gesetz bereits dem Wortlaut nach auf die "Tat" abstelle[2]. Eine Ermittlung des Täters der Steuerhinterziehung soll demnach zur Tatentdeckung nicht notwendig sein.

Das trifft zwar zu, gleichwohl ist der o.g. Entscheidung des BGH Widersprüchlichkeit vorzuwerfen, wenn einerseits die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses für erforderlich gehalten wird, andererseits die Person des möglichen Täters noch nicht festzustehen brauche.

 

Rz. 653

[Autor/Stand] In das Wahrscheinlichkeitsurteil muss vielmehr auch die Person des Täters einbezogen werden. Das heißt, eine Tatverurteilung ist nur dann wahrscheinlich, wenn die Person des möglichen Täters identifiziert ist[4]. Nicht ausreichend ist es daher, dass der Täterkreis objektiv eingrenzbar (identifizierbar) ist, z.B. durch Betriebszugehörigkeit[5]. Diese einschränkende Auslegung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit geboten.

 

Rz. 654

[Autor/Stand] Dörn[7] differenziert bei der Frage, ob es für den Ausschlussgrund der Tatentdeckung auf die Kenntnis von der Person des Täters ankommt, zwischen persönlichen (Einkommensteuer) und betrieblichen Steuern (Umsatz-, Gewerbe-, Körperschaftsteuer). Im ersten Fall sei die Kenntnis erforderlich, so dass ein Dritter, der in Wahrheit die Tat begangen habe, noch wirksam Selbstanzeige erstatten könne, nicht aber bei der Verkürzung betrieblicher Steuern, da insoweit die Tathandlung und der Verkürzungserfolg feststehe und auch ein vorsätzliches Verhalten des (wahren) Täters nicht auszuschließen sei. Bei leichtfertigem Verhalten des Dritten sei eine Selbstanzeige gem. § 378 Abs. 3 AO ohnehin möglich, da in diesem Fall nur die Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung Sperrwirkung entfalte.

 

Beispiel 39

Die Steufa hat eine Anlegerin eines Luxemburg-Kontos im Verdacht, Zinssteuer hinterzogen zu haben. Wenig später erstattet deren Tochter Selbstanzeige. Danach habe ihr ihre Mutter das Kapitalvermögen geschenkt und nur für sie verwaltet und nach Luxemburg transferiert.

Die Selbstanzeige der Tochter ist noch rechtzeitig und damit wirksam erstattet, da die Steufa nur gegen die Mutter ermittelte und somit noch keine Tatentdeckung bzw. Verfahrenseinleitung bzgl. der Tochter vorlag.

Zum Umfang der persönlichen Sperrwirkung s. näher Rz. 761.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] BGH v. 13.5.1983 – 3 StR 82/83, NStZ 1983, 415, s. Beispiel in Rz. 635; ebenso BGH v. 20.5.2010 – 1 StR 577/09, DStR 2010, 1133 (1135); Kemper in Rolletschke/Kemper, § 371 AO Rz. 294 ff.; Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 161; krit. Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 180, die auf die Individualisierbarkeit des Täters abstellt.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[4] So zutr. Brenner, DStZ 1984, 478; Dörn, wistra 1993, 169 (170); Baur, BB 1983, 498 (500); Webel in Schwarz/Pahlke, § 371 AO Rz. 253; vgl. auch BGH v. 30.3.1993 – 5 StR 77/93, UR 1993, 394 = wistra 1993, 227, s. Rz. 637.
[5] Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 315; ähnlich Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 180.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[7] Dörn, wistra 1998, 175 f.

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