a) Täter/Teilnehmer

 

Rz. 297

[Autor/Stand] Die Pflicht zur Nachzahlung der Steuer besteht gem. § 371 Abs. 3 AO "für einen an der Tat Beteiligten", dessentwegen die Selbstanzeige erstattet wurde[2]. Die Umschreibung hat lediglich klarstellende Bedeutung und besagt, dass die Form der Tatbeteiligung für die Nachzahlungsverpflichtung unerheblich ist[3]. Damit kommen sowohl (Allein- oder Mit-)Täter als auch Teilnehmer (Gehilfen oder Anstifter) als Verpflichtete in Betracht, nicht aber Tatunbeteiligte, deren Anzeige selbstredend auch keine Selbstanzeige i.S.d. § 371 AO wäre.

b) Hinterziehung "zu seinen Gunsten"

 

Rz. 298

[Autor/Stand] Der an der Tat Beteiligte, der Selbstanzeige erstattet hat, erlangt Straffreiheit nur, wenn er die "zu seinen Gunsten" hinterzogenen Steuern und Zinsen gem. §§ 235, 233a AO nachzahlt.

Durch diesen Wortlaut des § 371 Abs. 3 AO soll sichergestellt werden, dass auch Täter oder Tatbeteiligte, die nicht selbst Steuerschuldner sind, aber den vollen finanziellen Vorteil aus ihrer Tat ziehen, zur Nachzahlung verpflichtet sind[5]. Insoweit hatte der entsprechende Wortlaut der Vorläuferbestimmung des § 395 Abs. 3 RAO 1968 ("Steuern, die er schuldet") Anlass zu Zweifeln gegeben[6].

Die Bedeutung der Wendung "zu seinen Gunsten" und damit der Adressatenkreis der Nachzahlungspflicht ist gleichwohl in Rspr. und Literatur umstritten.

 

Rz. 299

[Autor/Stand] Unzweifelhaft ist im Rahmen dieser Vorschrift der Hinterzieher, der gleichzeitig Steuerschuldner ist, also "eigene Steuern" hinterzogen hat, zur Nachzahlung der zu seinem eigenen Vorteil verkürzten Steuern verpflichtet, da sich die Steuerschuld für ihn durch die Tat vermindert hat[8].

 

Rz. 300

[Autor/Stand] Streitig ist, ob die Formulierung "zu seinen Gunsten" stets auch für fremde Steuerschulden eine Nachzahlungspflicht statuiert. Der Streit rankt sich um die Frage, wie der erlangte Vorteil beschaffen sein muss, um die Annahme zu rechtfertigen, der Täter oder Teilnehmer habe zu seinen Gunsten gehandelt.

Das wird vor allem in Fällen bedeutsam, in denen ein Geschäftsführer einer GmbH, ein Vorstandsmitglied einer AG oder eines rechtsfähigen Vereins oder ein persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter einer OHG oder KG Täter oder Teilnehmer der Hinterziehung betrieblicher Steuern ist.

Ausgelöst wurde die Kontroverse durch das Urteil des BGH vom 4.7.1979[10] (s. Beispiel Rz. 302 f.).

 

Rz. 301

[Autor/Stand] Einer älteren Ansicht nach soll ausschließlich ein eigener steuerlicher Vorteil die Nachentrichtungspflicht begründen[12].

Nach dieser "steuerrechtlichen Betrachtungsweise" reicht die Erlangung eines bloßen wirtschaftlichen Vorteils dagegen nicht aus.

 

Beispiel 8

Gesellschafter-Geschäftsführer G einer GmbH hinterzieht durch unversteuerte Entnahme von Einkünften der Gesellschaft Körperschaftsteuern. Er erstattet Selbstanzeige.

Nach rein steuerlicher Betrachtung hat der Geschäftsführer G durch die Hinterziehung der betrieblichen Steuer selbst keinen eigenen Steuervorteil erlangt. Er braucht damit keine Steuer – und nach der Neufassung des § 371 Abs. 3 Satz 1 AO keine Zinsen – nachzuzahlen, sondern bleibt bereits durch die bloße Selbstanzeigehandlung nach § 371 Abs. 1 AO straffrei[13].

Weitergehend soll unter steuerlichen Gesichtspunkten eine Hinterziehung zu eigenen steuerlichen Gunsten aber auch dann möglich sein, wenn das Gesetz förmlich zwar einen anderen als Steuerschuldner in Anspruch nehme, die Steuerlast aber auf den Fremdtäter übergewälzt werde und diesen letztlich daher auch selbst treffe, so insb. bei der Verbrauch- und Umsatzsteuerhinterziehung[14].

Damit wirken sich insofern im Resultat die Unterschiede der Ansichten in Fällen der Verbrauchsteuerhinterziehung durch Diebstahl von Waren aus dem Herstellungsbetrieb (Steuerschuldner ist der Hersteller, der Dieb hat jedoch zu eigenen Gunsten Steuern hinterzogen[15] nicht allzu sehr aus.

 

Rz. 302

[Autor/Stand] Nach überwiegender Auffassung in Rspr. und Schrifttum entscheidet sich die Frage, ob Steuern zugunsten des Täters hinterzogen wurden, nicht nach steuerlicher, sondern nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Zur Nachzahlung verpflichtet ist danach derjenige, der durch die Tat einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat[17]. Auch wer nicht persönlicher Steuerschuldner ist, kann demnach zur Nachzahlung verpflichtet sein.

 

Beispiel 13

A war Geschäftsführerin einer KG. Sie gab zugunsten der KG falsche Umsatzsteueranmeldungen ab. Entsprechend ihrem Plan entnahm sie eigenmächtig die "ersparten"Beträge der von ihr verwalteten Hauptkasse der KG, um sie für eigene Zwecke zu verwenden.

 

Rz. 303

[Autor/Stand] Der BGH stellte zur Begründung einer Nachzahlungspflicht entscheidend auf den unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil ab, den die A erlangt habe: In Fällen, in denen steuerlicher Vorteil im rechtlichen Sinne und wirtschaftlicher Vorteil ausnahmsweise auseinanderfallen, sei nicht unter rein steuerrechtlichen Gesichtspunkten, sondern nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die unm...

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