Rz. 210

[Autor/Stand] Zu § 371 AO vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes bestand bis zu dem Beschluss des BGH vom 20.5.2010[2] in Rspr. und Literatur die einhellige – und nach diesseitiger Ansicht auch zutreffende – Auffassung, dass eine Teilselbstanzeige hinsichtlich der aufgedeckten Tatabschnitte wirksam war und somit diesbezüglich zur Straffreiheit führte, sofern auch die weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Selbstanzeige erfüllt waren[3].

Dies hatte zur Folge, dass Steuersünder, die zur Selbstanzeige zwar bereit, aus tatsächlichen Gründen hierzu aber nicht mehr vollständig in der Lage waren – etwa weil die Bücher nur unvollständig geführt waren oder ihnen aus sonstigen Gründen schriftliche Unterlagen und Belege über die Besteuerungsgrundlagen nicht mehr zur Verfügung standen –, nicht vollständig auf die Erstattung einer Selbstanzeige verzichten mussten.

 

Rz. 211

[Autor/Stand] Ebenso war es Steuersündern über das Institut der Teilselbstanzeige nach § 371 AO a.F. möglich, Auslandskonten gegenüber der Finanzverwaltung nur in dem Umfang offenzulegen, in dem sie jeweils eine unmittelbare Tatentdeckung fürchteten, was letztlich der entscheidende Auslöser für die seinerzeitige Gesetzesänderung war. So war es Stpfl., die bspw. über ein Schwarzgeldkonto sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein verfügten, nach § 371 AO a.F. möglich, nur eines der beiden Konten im Wege einer Teilselbstanzeige offenzulegen und nachzudeklarieren. Hinsichtlich des offenbarten Kontos erlangten sie dann grds. Straffreiheit, ohne das zweite Konto benennen zu müssen. In der Praxis waren solche Fallkonstellationen einer "scheibchenweisen" Nacherklärung – je nach dem Grad des Entdeckungsrisikos – jedoch nicht der Regelfall. Gleichwohl ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Möglichkeit einer Teilselbstanzeige bewusst als Bestandteil einer Hinterziehungsstrategie genutzt werden konnte.

 

Rz. 212

[Autor/Stand] Die Folge einer solchen Teilselbstanzeige war die teilweise Straffreiheit. Der Täter erlangte nur hinsichtlich der Teile oder Tatabschnitte der von ihm begangenen Steuerhinterziehung Straffreiheit, die er aufdeckte und bzgl. derer der FinB dadurch eine steuerliche Nachveranlagung möglich gemacht wurde[6].

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[3] So BGH v. 20.7.1988 – 3 StR 583/87, wistra 1988, 356; im Anschluss an BGH v. 12.8.1987 – 3 StR 10/87, BGHSt 35, 36 (37) – noch zur fortgesetzten Tat; BGH v. 14.12.1976 – 1 StR 196/76, BB 1978, 698; BGH v. 13.10.1998 – 5 StR 392/98, wistra 1999, 27; Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 76 f.; Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 76; Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 65 f.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[6] BGH v. 20.7.1988 – 3 StR 583/87, wistra 1988, 356; Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 76; Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 76; ausf. dazu Zacharias/Rinnewitz/Spahn, DStZ 1988, 391.

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