Rz. 172

[Autor/Stand] Auch die Abgabe der Einkommensteuerjahreserklärung kann hinsichtlich etwaiger falscher Einkommensteuervorauszahlungen bzw. -herabsetzungen gem. § 37 Abs. 3 EStG eine Selbstanzeige darstellen.

 

Beispiel 71

A hatte mit zutreffender Begründung die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen auf null beantragt und erwirkt, dabei aber verschwiegen, dass sich sein Einkommen im laufenden Jahr deutlich erhöht hatte, so dass eine Herabsetzung der Steuervorauszahlungen (vgl. § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG) nicht in Betracht gekommen wäre. Die Einkommensteuerjahreserklärung hatte A aber korrekt und zeitnah abgegeben, ohne auf den unrichtigen Herabsetzungsantrag hinzuweisen.

Das OLG Stuttgart stellte fest, dass sich A durch den unvollständigen Antrag auf Einkommensteuerherabsetzung einen ungerechtfertigten Steuervorteil verschafft habe (dazu § 370 Rz. 425 ff., 436). Die später abgegebene korrekte Einkommensteuerjahreserklärung genüge jedoch für eine strafbefreiende Selbstanzeige, auch wenn A nicht darauf hingewiesen habe, dass im Zusammenhang mit der fällig gewesenen Vorauszahlung ein ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt wurde. Das OLG Stuttgart weist zu Recht darauf hin, dass auch im Bereich der Einkommensteuer – ebenso wie bei der Umsatzsteuer – ein innerer Zusammenhang bestehe, wenn in § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG bestimmt sei, dass die für den Veranlagungszeitraum entrichteten Einkommensteuervorauszahlungen (§ 37 EStG) auf die aufgrund der Einkommensteuerjahreserklärung festzusetzende Einkommensteuer anzurechnen seien. Da die Selbstanzeige keine besondere Form voraussetze, genüge mithin auch die kommentarlose Abgabe der Einkommensteuerjahreserklärung, wenn die FinB aufgrund dessen in die Lage versetzt werde, die tatsächlich geschuldete Steuer zutreffend festzusetzen[2].

 

Rz. 173

[Autor/Stand] Dieselben Erwägungen gelten für die nachträgliche Einreichung von Lohnsteueranmeldungen[4]; ferner dann, wenn der Stpfl. steuerlich überhaupt nicht erfasst war. Sind Lohnsteueranmeldungen leichtfertig fehlerhaft abgegeben worden, kann grundsätzlich die Korrektur im nachfolgenden Anmeldungszeitraum erfolgen (§ 41c Abs. 1 EStG).

 

Rz. 174

[Autor/Stand] Enthält die Einkommensteuerjahreserklärung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder aus Kapitalvermögen, die bislang nicht der Lohnsteuer oder der Zinsabschlagsteuer unterworfen worden sind, so entfaltet die Selbstanzeige nicht ohne weiteres strafbefreiende Wirkung auch hinsichtlich des Abzugsverpflichteten (Arbeitgeber oder Kreditinstitut). Abzugsteuer und Einkommensteuer betreffen zwei verschiedene Steuersubjekte. Für den Stpfl. kann die Nachdeklarierung als Selbstanzeige bzgl. der Teilnahme an der Tat des anderen oder bzgl. einer in mittelbarer Täterschaft (z.B. durch Vorlage einer unrichtigen Lohnsteuerkarte oder Abgabe unrichtiger Freistellungsaufträge) begangenen Steuerhinterziehung gewertet werden[6].

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] Zust. auch Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 52; Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 93; Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 74; Bilsdorfer, wistra 1987, 265; a.A. die Vorinstanz, LG Stuttgart v. 25.11.1983 – 10 Qs 146/83, wistra 1984.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[4] So das OLG Stuttgart v. 25.11.1983 – 10 Qs 146/83, wistra 1984 unter Berufung auf OLG Celle v. 5.11.1970 – 1 Ss 152/70, DB 1971, 706; Bilsdorfer, wistra 1987, 265.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[6] Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 97.

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