Rz. 151

[Autor/Stand] Nach der früher herrschenden Ansicht zu § 371 AO a.F. sicherte die erste Teilerklärung dem Anzeigenden Straffreiheit, wenn zwischen ihr und der späteren Erklärung ein Ausschlussgrund eintrat[2].

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Für die Anerkennung einer gestuften Selbstanzeige wurde angeführt, dass es insb. in Fällen, in denen die Tat mehrere Jahre zurückliegt, für den selbstanzeigewilligen Steuersünder schwierig, wenn nicht gar unmöglich sei, sofort mit den Zahlenangaben aufzuwarten, die eine Berichtigungserklärung i.S.d. § 371 Abs. 1 AO erfordert. Daraus wurde geschlossen, dass es in derartigen Fällen durchaus mit dem Sinn und Zweck des § 371 Abs. 1 AO a.F. vereinbar sei, dass der Täter der FinB den Tatbestand, den er berichtigen will, zunächst in Grundzügen mitteilt[4] und zugleich um eine angemessene Frist zur Nachholung der genauen Zahlenangaben nachsucht[5]. Ergänzte und präzisierte der Täter seine erste Teilerklärung in der gebotenen Weise, so waren die verschiedenen Teilerklärungen als einheitliche wirksame Selbstanzeige zu werten. Diese Auslegung wurde der Anreizfunktion des § 371 AO gerecht.

 

Rz. 153

[Autor/Stand] In der Verwaltungspraxis war die Erstattung von Selbstanzeigen in mehreren Erklärungen oder Handlungen bis zur Entscheidung des BGH vom 20.5.2010 weitgehend anerkannt. Die AStBV (St) sahen hingegen bereits seit 2004 nicht mehr vor, dem Erstatter einer Selbstanzeige Gelegenheit zu geben, diese zu vervollständigen. Der Stpfl. kann aber durch eine Schätzung vermeiden, lediglich eine Selbstanzeige dem Grunde nach zu erstatten und dabei nur anzukündigen, die ausstehenden Zahlen nachzuliefern[7]. Die Selbstanzeige ist daher zwingend mit einer Schätzung zu unterlegen, soweit die Zahlen noch nicht verfügbar sind. Eine spätere Korrektur der zu hohen Schätzung ist unproblematisch möglich (s. das Muster einer "Selbstanzeige in Stufen" in Rz. 873). Für den Stpfl. kann dies jedoch zu Liquiditätsproblemen führen, da die Finanzverwaltung verstärkt dazu übergegangen ist, vorläufige Bescheide auf der Basis der geschätzten (zu hohen) Erträgnisse zu erlassen (s. Rz. 220 ff.). Die Frage, ob eine Selbstanzeige auf Schätzungsbasis Straffreiheit verschafft, wenn zwischen der ersten geschätzten Erklärung und der zweiten Erklärung nach der konkreten Aufarbeitung der Besteuerungsgrundlagen ein Sperrgrund eintritt, stellt sich nicht, da bereits die erste Erklärung alle Anforderungen nach § 371 AO erfüllt. Zu Recht wendet Rolletschke[8] insoweit jedoch ein, dass ein solches Vorgehen einer zwingend überhöhten Schätzung bereits im ersten Akt eine sinnwidrige und bloße Förmelei darstellt. Sie führt nicht dazu, dass das FA schneller die zutreffende Veranlagung durchführen kann.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] Vgl. OLG Frankfurt v. 18.10.1961 – 1 Ss 854/61, NJW 1962, 974.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[4] Streck, DStR 1985, 9 (10); Zacharias/Rinnewitz/Spahn, DStZ 1988, 391 (394).
[5] Bilsdorfer, wistra 1984, 93; vgl. auch Stahl, KÖSDI 1988, 7431; Rolletschke, wistra 2002, 17 (20).
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[7] S. zur Zulässigkeit der Schätzung BGH v. 17.9.2019 – 1 StR 379/19, NZWiSt 2020, 109.
[8] Rolletschke, wistra 2002, 17 (19).

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