Rz. 84

[Autor/Stand] Demzufolge ist eine Stellvertretung im Rahmen von § 371 AO grundsätzlich zulässig.[2] Die Berichtigungserklärung i.S.v. § 371 Abs. 1 AO kann auch durch einen Dritten abgegeben werden, dem der Täter oder Teilnehmer hierzu Auftrag und Vollmacht erteilt hat[3]. Allerdings müssen sich Auftrag und Vollmacht ausdrücklich auf die Selbstanzeige beziehen und zeitlich nach Begehung der Tat und vor Anzeigeerstattung (s. Rz. 91 ff.) erteilt worden sein.

Die Tatsache, dass ein allgemeines Steuerberatungsverhältnis besteht, würde hingegen nicht ausreichen.

 

Beispiel 9

Die Geschäftsführerin X der B-GmbH hatte es unterlassen die auf das Jahr 2011 bezogenen Steuererklärungen der B-GmbH zur Umsatzsteuer (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG), zur Körperschaftssteuer (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG) und zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags (§ 14a Satz 1 GewStG) gem. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO fristgerecht beim zuständigen Finanzamt abzugeben. Zwar hatte der neue Geschäftsführer nach der Abberufung der X die entsprechenden Erklärungen nachgereicht. Jedoch war er weder von der X hierzu beauftragt worden noch hatte sie die Erklärungen veranlasst.

Das KG stellte insoweit klar, dass die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht vorliegen:

„Anders, als die Bf. meint, ist ihre solchermaßen begründete Strafbarkeit nicht nachträglich dadurch entfallen, dass nach ihrer am 11.10.2012 erfolgten Abberufung der neu bestellte Geschäftsführer der B-GmbH im Februar 2013 die auf das Jahr 2011 bezogenen Steuererklärungen zur Umsatzsteuer, zur Körperschaftssteuer sowie zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags beim zuständigen Finanzamt eingereicht und die danach offenen Differenzbeträge jeweils ‚kurz nach Erhalt‘ der einzelnen Bescheide beglichen hat. [...]

Jedoch kann die Berichtigung durch einen bevollmächtigten Vertreter nur dann mit strafbefreiender Wirkung erklärt werden, wenn der Täter oder Teilnehmer dies persönlich veranlasst hat (Joecks, § 371 AO Rn 107). Danach ist zwar eine verdeckte Stellvertretung, aber keine Geschäftsführung ohne Auftrag analog § 677 BGB möglich; die strafrechtlichen Wirkungen einer auftraglosen Fremdanzeige sind vielmehr abschließend nach § 371 Abs. 4 AO zu bestimmen. [...]

Indem der neue Geschäftsführer der B-GmbH die Steuererklärungen für das Jahr 2011 ohne ihr Zutun nachgeholt hat, liegen die sachlichen Voraussetzungen für eine Strafbefreiung der Angekl. nach § 371 Abs. 1 AO nicht vor”.

 

Rz. 85

[Autor/Stand] Für die Bevollmächtigung ist zwar eine besondere Vollmacht, aber keine Schriftform erforderlich[5]. Ein Auftrag kann auch mündlich erteilt werden[6]. Aus Beweisgründen empfiehlt sich aber eine schriftliche Fixierung.

 

Rz. 86

[Autor/Stand] Es gilt nicht das Verbot der Mehrfachvertretung (vgl. § 146 StPO), da die Erstattung der Selbstanzeige keine Maßnahme der Verteidigung innerhalb des Strafverfahrens ist[8]. Ein Steuerberater kann daher auch für mehrere Tatbeteiligte Selbstanzeige erstatten.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] BGH v. 5.5.2004 – 5 StR 548/03, NJW 2005, 2720; KG v. 24.11.2016 – (4) 121 Ss 169/16 (195/16), NStZ-RR 2017, 215; Handel, DStR 2018, 709 (710); Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 100.
[3] Vgl. BGH v. 24.10.1984 – 3 StR 315/84, wistra 1985, 74; s. auch Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 100; Mösbauer, DStZ 1985, 325.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[5] Jäger in Klein15, § 371 AO Rz. 100; Schmitz, DStR 2001, 1821; Joecks in JJR8, § 371 AO Rz. 109; Hadamitzky/Senge in Erbs/Kohlhaas, § 371 AO Rz. 7.
[6] BGH v. 24.10.1984 – 3 StR 315/84, wistra 1985, 74; Schmitz, DStR 2001, 1821 (1822); Hüls/Reichling in Hüls/Reichling2, § 371 AO Rz. 82.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[8] Beckemper in HHSp., § 371 AO Rz. 40.

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