Rz. 676

[Autor/Stand] Ebenso folgt aus Mahnungen und der Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln i.S.d. §§ 328 ff. AO noch nicht, dass die FinB positive Kenntnis von einer Steuerstraftat hat. Vielmehr handelt es sich um Maßnahmen des Besteuerungsverfahrens, deren Anwendung im Straf- und Bußgeldverfahren unstatthaft gewesen wäre[2] (s. auch Rz. 681 a.E.).

 

Beispiel 61

Die FinB hatte bei einer regelmäßigen Durchsicht des Lohnsteuerüberwachungsbogens das Fehlen von Lohnsteueranmeldungen festgestellt und angenommen, es würden auch weiterhin Arbeitnehmer beschäftigt. Es kam daraufhin zur nachträglichen Abgabe von Lohnsteueranmeldungen, die das LG Hanau mit folgender Begründung als wirksame Selbstanzeige wertete:

Die von der FinB getroffenen Feststellungen bedeuteten noch keine positive Kenntnis von einer Steuerstraftat, auch wenn Mahnungen und Zwangsgelder gem. §§ 328, 329 AO festgesetzt worden seien. Denn keineswegs sei ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer während der fraglichen Anmeldungszeiträume nicht mehr beschäftigt worden seien.

Leise[3] pflichtet dieser Entscheidung mit den Worten bei: "Die bloße Kenntnis von der Existenz des Betriebs ist nicht Tatentdeckung. Es müssen vielmehr die näheren Umstände bekannt sein, aus denen heraus die termingerechte Abgabe der Erklärung unterblieben ist."

 

Beispiel 63

A hatte Lohnsteuer verspätet angemeldet, nachdem ihm die Lohnsteuerstelle ein Zwangsgeld angedroht hatte.

Hierzu heißt es in dem Urteil des OLG Celle: "Zu Unrecht meint die Revision, die der Verurteilung zugrunde liegenden Fälle seien im angefochtenen Urteil nur deshalb anders behandelt worden, weil die Lohnsteuerstelle ein Erzwingungsgeld angedroht habe. Daß Mahnungen oder Androhung von Erzwingungsgeldern die Rechtswohltat des § 395 Abs. 2 AO [heute § 371 Abs. 2 AO] nicht auszuschließen brauchen [...], ist vom Schöffengericht nicht verkannt worden."

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.07.2021
[2] Vgl. BayObLG v. 24.2.1972 – RReg 4 St 135/71, BayObLGSt 1972, 39.
[3] Leise, DStR 1971, 57 (58).

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