Rz. 246

[Autor/Stand] Objektiv unrichtig ist eine Angabe, wenn zwischen Erklärung und Wirklichkeit ein Widerspruch besteht[2]. Die Feststellung, dass eine Angabe unrichtig ist, setzt voraus, dass der objektive Erklärungswert der ausdrücklich gemachten Angabe oder – bei Erklärung durch schlüssiges Verhalten – des gesamten Verhaltens des Täters ermittelt wird. Entscheidend ist, wie der Erklärungsempfänger die Angaben nach allgemeiner Verkehrsanschauung und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falls verstehen durfte und musste. Stimmt der so festgestellte Erklärungsinhalt mit der Wirklichkeit nicht überein, so ist die Angabe unrichtig. Keine für § 370 AO relevante falsche Angabe liegt vor, wenn abzugsfähige Betriebsausgaben wissentlich falsch bezeichnet werden, z.B. wenn Leistungshonorare als "Lizenzgebühren" bezeichnet werden[3]. Das ist allerdings dann anders, wenn durch die falsche Bezeichnung rechtliche Probleme der Anerkennung als Betriebsausgabe umgangen werden (s. Rz. 235). Unrichtige Angaben können ebenfalls vorliegen, wenn Bezug auf Erklärungen Dritter genommen wird, die ihrerseits inhaltlich falsch sind, da diese Angaben durch die Bezugnahme Bestandteil der eigenen Angaben werden[4]. Zur elektronischen Übermittlung bei vorausgefüllter Erklärung s. Rz. 213.1. Unrichtige Angaben liegen aber nicht vor, wenn nicht auf Erklärungen über Tatsachen Dritter, sondern nur auf die unrichtig getroffene Rechtsfolge als solche Bezug genommen wird. Wird bspw. lediglich darauf verwiesen, dass die FinB einen Verlustvortrag festgestellt oder einen bestimmten Gewinnfeststellungsbescheid erlassen habe[5], werden keine unrichtigen Angaben gemacht[6] (s. auch schon Rz. 217; zur Berichtigungspflicht Rz. 335).

 

Rz. 247

[Autor/Stand] Es kann ausnahmsweise sein, dass eine (wörtlich) richtige Angabe gleichwohl eine tatbestandliche Falschangabe ist.

 

Beispiel

A wohnt in einem grenznahen Ort und passiert häufig die Grenze. Er kennt deshalb den Zollbeamten B gut. Bei einer Wiedereinreise in das Zollgebiet fragt B den A nach einigen scherzhaften Bemerkungen wie üblich, ob er etwas zu verzollen habe. A sagt lachend: "Ja, meinen Schatz von 99 Goldbarren." Erwartungsgemäß wertet B diese Erklärung als Scherz und lässt A passieren. A führt aber tatsächlich 99 Goldbarren bei sich.

Der ausdrücklichen (wahren) Angabe kommt keine Bedeutung zu, weil dem gesamten Verhalten des A der Erklärungswert zu entnehmen ist, er habe nichts zu verzollen. Das Gesamtverhalten des A ist daher als Angabe einer unrichtigen Tatsache zu werten[8].

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2023
[2] Vgl. BGH v. 16.12.1954 – 3 StR 493/54, BGHSt 7, 147; Grötsch in JJR9, § 370 AO Rz. 197; Rolletschke, Steuerstrafrecht5, Rz. 58.
[3] So OLG Karlsruhe v. 6.3.1985 – 3 Ws 80/84, wistra 1985, 163.
[4] Vgl. Schmitz/Wulf in MünchKomm/StGB4, § 370 AO Rz. 276; Pelz in Leitner/Rosenau2, § 370 AO Rz. 78 f.
[6] Vgl. Schott in Hüls/Reichling2, § 370 AO Rz. 61.
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2023
[8] Peters in HHSp., § 370 AO Rz. 134; zur Täuschung durch wahre Tatsachenbehauptungen bei § 263 StGB vgl. BGH v. 26.4.2001 – 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1 Rz. 15 = NJW 2001, 2187 (2188 f.) = DB 2001, 1611; BGH v. 19.7.2001 – 4 StR 457/00, wistra 2001, 386 (387).

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