Rz. 1111

[Autor/Stand] Das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO stellt die Ausnutzung der Mithilfe eines Amtsträgers oder eines Europäischen Amtsträgers, der seine Befugnisse oder seine Stellung i.S.d. § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO missbraucht, unter eine erhöhte Strafdrohung. Wie auch hinsichtlich § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO (s. Rz. 1100) wurde durch Art. 6 des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption vom 20.11.2015[2] der Europäische Amtsträger neu in den Anwendungsbereich des § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO aufgenommen.

Als Täter kommt nur infrage, wer nicht Amtsträger der FinB oder Europäischer Amtsträger, sondern Außenstehender ist, d.h. regelmäßig der Stpfl. Der Regelfall der Nr. 3 setzt stets voraus, dass der Amtsträger oder der Europäische Amtsträger als Haupttäter, Mittäter oder Teilnehmer das Regelbeispiel der Nr. 2 verwirklicht[3].

 

Rz. 1112

[Autor/Stand] Ein Ausnutzen ist gegeben, wenn sich der Täter bewusst ist, dass der Amtsträger oder der Europäische Amtsträger seine Befugnisse missbraucht. Der Strafschärfungsgrund greift also nicht ein, wenn der außenstehende Dritte davon ausgeht, der Amtsträger bzw. der Europäische Amtsträger werde die Unrichtigkeit seiner Steuererklärung übersehen (vorgestellte mittelbare Täterschaft i.S.d. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB), oder wenn er die Mithilfe des Beamten nicht erkennt[5]. Unerheblich ist, auf welche Weise der Täter die Mithilfe erreicht und wie er die Mithilfe ausnutzt. Eine Anstiftung zum Missbrauch ist nicht erforderlich.

 

Rz. 1113

[Autor/Stand] Das Ausmaß der Steuerverkürzung kann bei der Gesamtwürdigung, ob ein besonders schwerer Fall gegeben ist, Bedeutung erlangen (s. auch Rz. 1108)[7]. Das LG Saarbrücken hat einen besonders schweren Fall i.S.d. § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO trotz der Ausnutzung der Mitwirkung eines Finanzbeamten angesichts der relativ unbedeutenden Höhe der erschlichenen Erstattungsbeträge von rund 20.000 DM (ca. 10.200 EUR) verneint[8]. Das LG Hildesheim hat die Indizwirkung des Regelbeispiels aufgrund von besonders beachtlichem Nachtatverhalten als erschüttert angesehen (s. auch Rz. 1108).[9]

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[2] BGBl. I 2015, 2025.
[3] Vgl. auch Flore in Flore/Tsambikakis2, § 370 AO Rz. 580; Schmitz/Wulf in MünchKomm/StGB3, § 370 AO Rz. 524.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[5] Jäger in Klein14, § 370 AO Rz. 290; Joecks in JJR8, § 370 AO Rz. 577; Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Rz. 1121.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[7] Jäger in Klein14, § 370 AO Rz. 290.
[8] LG Saarbrücken v. 14.7.1987 – 5 II 1/87, wistra 1988, 202; krit. hierzu Weyand, wistra 1988, 180 (181).
[9] LG Hildesheim v. 6.8.2009 – 25 KLs 4222 Js 21594/08, juris.

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