Rz. 107.2

[Autor/Stand] Für die Annahme unmittelbarer Täterschaft ist entscheidend, dass der Täter die Angaben inhaltlich bestimmt, die in den Rechtsverkehr gelangen, so dass sie ihm als Urheber zugerechnet werden können. Für das Bejahen der Tathandlung reicht es deshalb nicht aus, dass jemand die falsche Erklärung nur tatsächlich dem Empfänger (körperlich) überbringt oder ihm sonst zugänglich macht[2].

 

Beispiel

Der Bote wirft die unrichtige Angaben enthaltende Einkommensteuererklärung seines Chefs C, die dieser erstellt und vorschriftsmäßig unterschrieben hat, in den Briefkasten der FinB, wohl wissend, dass C falsche Angaben über die Höhe seiner gewerblichen Einkünfte gemacht hat.

Man kann den Boten nicht als denjenigen ansehen, der gegenüber der FinB Angaben macht. Der Bote überbringt vielmehr die für ihn fremde Erklärung seines Arbeitgebers, erklärt jedoch selber nichts. Das Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass die FinB an Angaben über die steuerlichen Verhältnisse des Arbeitgebers durch den Boten keinerlei rechtliches Interesse haben kann. Wäre die Erklärung somit als eine des Boten anzusehen, wäre sie rechtlich irrelevant. Die Beziehung zwischen Erklärung und Erklärendem ist insofern eine rechtliche Beziehung, die nicht durch eine tatsächliche Beziehung (die Übergabe der Erklärung) ersetzt werden kann[3]. Genauso wenig ist der Drucker eines Prospektes derjenige, der im Prospekt falsche Angaben über eine Kapitalanlage i.S.d. § 264a StGB macht[4]. Der Prüfungsgehilfe berichtet nicht über das Ergebnis der Prüfung i.S.d. § 332 HGB, sondern der Prüfer[5]. Falsche Angaben macht also nur, wer die Entscheidung über den Inhalt der Erklärung trifft (s. Rz. 98.1)[6]. Diese Person steht hinter der Erklärung und sie ist ihr insofern als eigene zuzurechnen; sie ist ihr Urheber[7].

 

Rz. 107.3

[Autor/Stand] Die Entscheidungsmacht über die Erklärung kommt dabei zunächst demjenigen zu, der sie als seine Erklärung zur Einführung in den Rechtsverkehr kennzeichnet und für die er deshalb im Rechtsverkehr die Garantie übernehmen will und muss. Es geht also nicht darum, wer die falschen Angaben körperlich fertigt – etwa die Steuerklärung ausfüllt –, sondern darum, wer die Erklärung als seine Erklärung in den Rechtsverkehr gibt.

 

Beispiel

Die Sekretärin füllt auf Anweisung ihres Chefs C dessen Steuerklärungsformular unrichtig aus; C unterschreibt die Erklärung und reicht sie bei der FinB ein.

Die Sekretärin macht in ihrer Person keine unrichtigen Angaben; sie ist also nicht Täterin einer Steuerhinterziehung. Die Entscheidung über den Inhalt der Erklärung trifft vielmehr allein C[9]. Das wird schon dadurch verdeutlicht, dass dieser den Taterfolg ohne weiteres dadurch abwenden könnte, dass er die Erklärung nicht unterschreibt oder einreicht. Damit vergleichbar wird auch bei der Urkundenfälschung nach § 267 StGB nicht als Aussteller einer Urkunde angesehen, wer körperlich den Skripturakt vornimmt, sondern derjenige, dem die Erklärung im Rechtsverkehr zugerechnet wird[10].

 

Rz. 107.4

[Autor/Stand] Es geht deshalb auch nicht darum, wer eine Erklärung "geistig" ersonnen oder erdacht hat, sondern entscheidend ist, wer die Erklärung aufgrund seiner Entscheidung in den Rechtsverkehr einführt und sie damit als eigene anerkennt. Dann wird sie allein dieser Person im Rechtsverkehr zugerechnet.

 

Beispiel

Die Sekretärin fertigt die Steuererklärung des Chefs C mit unrichtigen Angaben eigenständig ohne detaillierte Vorgaben des C an; der unterschreibt sie in Kenntnis der Unrichtigkeit und reicht sie bei der Behörde ein.

Rechtlich wird die unrichtige Erklärung, die die Sekretärin entworfen hat, durch die Unterschrift zur Erklärung des C. Er übernimmt dadurch im Rechtsverkehr die Garantie für die Erklärung. Deshalb sind die einen notariellen Vertrag unterzeichnenden Personen Aussteller des Vertrages, nicht aber der Notar, der die einzelnen Vertragsregelungen erdacht hat. Tatsächlicher und nicht nur scheinbarer Aussteller einer Examenshausarbeit ist derjenige, der sie abgibt und damit unter seinem Namen oder Zeichen in den Rechtsverkehr als seine Arbeit einführt, nicht derjenige, der ihren Inhalt ersonnen hat[12].

Deshalb macht auch der steuerliche Berater keine falschen Angaben, wenn sein Mandant die vom Berater entworfene und gefertigte unrichtige oder unvollständige Steuerklärung unterzeichnet. Angaben macht allein der Mandant, der sie durch seine Unterschrift rechtlich zu seiner Erklärung macht (s. Rz. 108.2)[13]. Übernimmt jemand durch seine Unterschrift eine Erklärung nach außen als eigene, macht allein der Unterzeichnende Angaben (zur Mitverantwortung von Ehegatten s. Rz. 115 ff.). Bei elektronischer Übermittlung von Informationen kommt es auf die Bezeichnung als Urheber an.

Eine täterschaftliche Verantwortung anderer als der gerade genannten Personen ist dann nur nach den Regeln der mittelbaren Täterschaft oder Mittäterschaft möglich (s. Rz. 110 ff., 113 ff.). Veranlasst etwa der Hintermann, dass der gutgläubige Stpfl. die unrichtige Steuererklärung u...

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