aa) Allgemeines

 

Rz. 1199

[Autor/Stand] Als flankierende Rechtsnormen zur Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs sind mit dem StVBG vom 19.12.2001[2] mit Wirkung seit dem 1.1.2002 zwei neue Tatbestände in das UStG aufgenommen worden. Mit diesen Gesetzesbestimmungen sollen speziell die sog. Karussellgeschäfte (s. Rz. 1396 ff.) bekämpft und insb. die als Rechnungsaussteller auftretende sog. missing traders, die zwar formell ordnungsgemäße Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben, aber nicht zahlen und dann abtauchen, das Handwerk gelegt werden. Der Schaden beim Fiskus tritt letztlich dadurch ein, dass das letzte Glied in der Lieferkette die Vorsteuer aus der den steuerfreien Auslandslieferungen vorangehenden inländischen Lieferungen vom Finanzamt erstattet bekommt, die Umsatzsteuer-Schuld des "missing traders" aber nicht getilgt werden kann.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[2] BGBl. I 2001, 3922.

bb) Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26b UStG)

 

Rz. 1199.1

[Autor/Stand] Nach § 26b UStG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich (vgl. § 10 OWiG) die in einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG ausgewiesene Umsatzsteuer bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig zahlt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis 50.000 EUR geahndet werden.

§ 26b UStG Schädigung des Umsatzsteueraufkommens

(1) Ordnungswidrig handelt, wer die in einer Rechnung im Sinne von § 14 ausgewiesene Umsatzsteuer zu einem in § 18 Absatz 1 Satz 4 oder Abs. 4 Satz 1 oder 2 genannten Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

Auch diese Regelung wurde im Gesetzgebungsverfahren als unverhältnismäßig kritisiert. Bereits nach damals geltendem Recht könnten bei verspäteten Steuerzahlungen Säumniszuschläge in beträchtlicher Höhe erhoben werden. Unternehmer, die kurzfristig in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, dürften nicht kriminalisiert werden[2]. § 26b UStG ist der notwendige Grundtatbestand für den neuen Straftatbestand der gewerbs- und bandenmäßigen Schädigung des Umsatzsteuer-Aufkommens nach § 26c UStG.

Ist die unterlassene oder verspätete Entrichtung jedoch entschuldbar, soll auf eine Ahndung nach dem Opportunitätsprinzip (§ 47 Abs. 1 OWiG) verzichtet und das Verfahren eingestellt werden. Hierbei können auch die in § 266a Abs. 5 StGB genannten Umstände bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden[3]. Nach Nr. 104 Abs. 3 i.V.m. Nr. 105 Alt. 6 AStBV (St) 2019 (s. AStBV Rz. 104, 105) soll von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit nach § 26b UStG i.d.R. abgesehen werden, wenn der gefährdete Betrag insgesamt weniger als 5.000 EUR beträgt, sofern nicht ein besonders vorwerfbares Verhalten für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens spricht. Das Gleiche soll gelten, wenn der insgesamt gefährdete Betrag unter 10.000 EUR liegt und der gefährdete Zeitraum drei Monate nicht übersteigt.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[2] Vgl. Bericht des BT-Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7471, 5, 14.
[3] So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drucks. 14/7470, 14/7471, S. 6.

cc) Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26c UStG)

 

Rz. 1199.2

[Autor/Stand] Erfolgt die Nichtzahlung der Umsatzsteuer in den Fällen des § 26b UStG gewerbs- oder bandenmäßig (s. dazu Rz. 1194, 1198), handelt es sich um einen Straftatbestand, der wie folgt lautet:[2]

§ 26c UStG[3] Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer in den Fällen des § 26b gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Handlungen verbunden hat, handelt.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll damit eine Regelungslücke bei § 370 AO geschlossen werden, die die Täter bei den sog. Umsatzsteuer-Karussellgeschäften systematisch ausnutzen. Es werden ordnungsgemäß Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahreserklärungen abgegeben, die Steuerschulden jedoch planmäßig nicht gezahlt[4]. Damit war die Verfolgung des sog. missing traders nahezu unmöglich, da er nicht selbst Täter war und ein Beihilfeverdacht ohne aufwendige Ermittlungen im Strafverfahren gegen die Haupttäter (die übrigen Bandenmitglieder) kaum ausreichend zu begründen war. Die Tatbestände der §§ 26c, 26b UStG sollen deshalb einen geeigneteren Ermittlungsansatz für die Strafverfolgungsbehörden bieten, da bei dem zuerst auffällig werdenden missing trader angesetzt wird.

Erstmalig wird damit die nicht rechtzeitige Zahlung der Steuer unter Strafe gestellt. Der Straftatbestand des § 26c UStG stellt einen Systembruch dar. Das Grunddelikt ist eine bloße Ordnungswidrigkeit. Der Strafrahmen orientiert sich an anderen Straftaten des StGB, die gewerbs- und bandenmäßig begangen werden, und soll angesichts der Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe pro Fall, die durch unvalutierte Rechnungen ausstellende missing trader verursacht werden, angemessen sein. Zu Recht wird jedoch kritisiert, dass das bisherige Sanktionensystem der AO gesprengt wird, indem ein eigener Straftatbestand außerhalb der AO geschaffen wird. Damit werden un...

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