Rz. 1589

[Autor/Stand] Bei Verletzung dieser Mitwirkungspflichten drohen zunächst steuerliche Sanktionen. Ebenfalls durch das StVergAbG eingefügt wurden § 162 Abs. 3, 4 AO, die – einer internationalen Entwicklung folgend[2] – weitreichende steuerliche Sanktionen speziell für die Verletzung der Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 3 AO enthalten. § 162 Abs. 3, 4 AO gelten gem. Art. 97 § 22 Satz 2 EGAO erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2003 beginnen, frühestens sechs Monate nach Inkrafttreten der GAufzV (hier liegt die praktische Relevanz der rückwirkenden Inkraftsetzung der GAufzV). Voraussetzung ist, dass die Dokumentationspflichten verletzt worden sind, dass also entweder innerhalb der 60- oder 30-Tages-Frist überhaupt keine oder eine im Wesentlichen unverwertbare Dokumentation vorgelegt wird oder dass außergewöhnliche Geschäftsvorfälle (§ 90 Abs. 3 Satz 3 AO) nicht zeitnah dokumentiert worden sind. Maßstab dafür, ob die Dokumentation im Wesentlichen unverwertbar ist oder nicht, ist, ob ein sachverständiger Dritter innerhalb angemessener Zeit feststellen und prüfen kann, welche Sachverhalte der Stpfl. verwirklicht hat und inwieweit dabei der Fremdvergleichsgrundsatz beachtet wurde[3].

 

Rz. 1590

[Autor/Stand] § 162 Abs. 3 AO sieht für den Verstoß gegen die Dokumentationspflichten verfahrensrechtliche Sanktionen vor. § 162 Abs. 3 Satz 1 AO statuiert eine widerlegbare Beweisvermutung zu Lasten des Stpfl.[5]. Er enthält damit eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes, dass sich das Beweismaß zugunsten der Finanzverwaltung verlagert, wenn der Stpfl. Tatsachen aus seiner Wissenssphäre pflichtwidrig nicht preisgibt[6]. § 162 Abs. 3 Satz 2 AO beinhaltet eine besondere Schätzungsregelung als Reaktion auf die höchstrichterliche Rspr.[7]. Da es immer nur eine Bandbreite angemessener Verrechnungspreise geben kann[8], ging die Rspr. früher davon aus, dass die FinB eine Beweislastentscheidung zugunsten des Stpfl. treffen und deshalb den jeweils für ihn günstigsten Unter- oder Oberwert vertretbarer Verrechnungspreise ansetzen müsse[9]. Diese Rechtslage wird durch § 162 Abs. 3 Satz 2 AO zugunsten des Fiskus modifiziert. Die FinB ist allerdings weiterhin zu pflichtgemäßer Ermessensausübung verpflichtet (vgl. "kann")[10].

 

Rz. 1591

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

 

Rz. 1592

[Autor/Stand] § 162 Abs. 4 AO sieht als zusätzliche Sanktion besondere Zuschläge vor, die gem. § 3 Abs. 4 AO eine steuerliche Nebenleistung eigener Art darstellen[13]. Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ist durchaus zweifelhaft[14]. Die gelegentlich anzutreffende Bezeichnung als "Strafzuschläge"[15] – in Analogie zum englischen Begriff der "penalties" – ist ungenau, es handelt sich bei den Zuschlägen um keine Strafe im Rechtssinne, da die Zuschläge weder das mit einer Strafe verbundene "sozialethische Unwerturteil"[16] beinhalten noch ein Verschulden in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraussetzen. Wie sich aus § 162 Abs. 4 Satz 4 AO ergibt, hat der Zuschlag gem. § 162 Abs. 4 AO – ähnlich dem Verspätungszuschlag gem. § 152 AO – keinen repressiven Charakter, sondern soll den Stpfl. zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 3 AO anhalten[17]. Insofern dürfte de lege lata auch ein transnationaler Strafklageverbrauch zu verneinen sein[18]. Bei Nichtvorlage kann ein Steuerzuschlag i.H.v. mindestens 5.000 EUR, mindestens aber 5 % und höchstens 10 % der hinzugeschätzten Einkünfte fällig werden. Bei verspäteter Vorlage ist für jeden vollen Tag der Säumnis 100 EUR, maximal 1 Mio. EUR zu zahlen.

 

Rz. 1593

[Autor/Stand] In Einzelfällen können jedoch Sachverhaltskonstellationen vorliegen, in denen nicht nur Sanktionen gem. § 162 Abs. 3, 4 AO drohen, sondern aus denen sich bei Aufgriff, z.B. in einer Betriebsprüfung, sowohl für den Stpfl. als auch für den Steuerberater steuerstrafrechtliche Gefahren ergeben können[20].

 

Rz. 1594

[Autor/Stand] Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung ist gegeben, wenn der Stpfl. in seiner Steuererklärung aufgrund nicht fremdüblicher Verrechnungspreise ermittelte Einkünfte erklärt und hierdurch Steuern verkürzt werden[22]. Allein die Verletzung der Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 3 AO genügt jedenfalls nicht[23], wie auch sonst die bloße Verletzung von Mitwirkungspflichten für die Verwirklichung des Tatbestands nicht ausreichend ist.

Die Annahme einer Steuerhinterziehung ist ausgeschlossen, wenn der Stpfl. sich redlich und ernsthaft um eine dem Fremdvergleich genügende Preisbildung für seine steuerliche Einkünfteermittlung bemüht und die FinB über die Verwendung abweichender, aber vertretbarer Methoden in Kenntnis setzt. Dies kann der Fall sein, wenn entsprechende Vergleichswerte nicht existieren, z.B. im Fall von Lizenzgebühren[24].

Da es den (einzigen) richtigen Verrechnungspreis nicht gibt[25], ist in strafrechtlicher Hinsicht ein Verrechnungspreis nur dann unangemessen, mithin falsch bzw. unrichtig, wenn er bei Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs (§ 1 Abs. 3 S...

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