Leitsatz

Streitig war, ob für ein zu 100 % schwerbehindertes Kind Anspruch auf Kindergeld auch dann besteht, wenn das in einem Samariterstift untergebrachte und dort in einer beschützenden Werkstätte arbeitende Kind Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und außerdem eine Erwerbsunfähigkeitsrente erhält, die der Sozialträger auf sich übergeleitet hat ( → Kindergeld ; → Behinderte ).

Im Streitfall hat die Familienkasse das Kindergeld ab dem 1. 8. 1997 auf 0 DM festgesetzt. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheides lehnten Behörde und Finanzgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs mit der Begründung ab, der notwendige Lebensunterhalt des Kindes sei durch die Eingliederungshilfe sichergestellt und das Kind deshalb nicht außerstande, sich selbst zu unterhalten (BFH, Urteil v. 14. 6. 1996, III R 13/94, BStBl 1997 II S. 173).

Demgegenüber hält es der nach dem neuen Geschäftsverteilungsplan des BFH nunmehr für den Familienleistungsausgleich zuständige VI. Senat bei summarischer Prüfung für ernstlich zweifelhaft, ob ein in einem Pflegeheim untergebrachtes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wenn es Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz und eine Erwerbsunfähigkeitsrente erhält, die der Sozialhilfeträger auf sich übergeleitet hat. Seit der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs durch das Jahressteuergesetz 1996 (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG i. V. m. § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG) beständen insoweit ernstliche Zweifel. Der BFH habe zu diesen Fragen in einem anderen Verfahren eine Stellungnahme des BdF eingeholt (BFH, Beschluß v. 13. 3. 1998, VI R 181/97, BFH/NV 1998 S. 924).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 16.10.1998, VI B 222/97

Hinweis:

Es ist anzumerken, daß zwischenzeitlich bereits einige Finanzgerichte die Frage, ob trotz Eingliederungshilfe Kindergeld zu gewähren ist, abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des BFH entschieden haben (vgl. z. B. FG Brandenburg, Urteil v. 12. 2. 1998, 5 K 1827/97 KG, EFG 1998 S. 887, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 48/98; FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30. 1. 1998, 9 K 59/97, Az. des BFH: VI R 40/98).

Soweit Behörden über die Rechtsfrage nicht bereits von sich aus lediglich vorläufig entscheiden, empfiehlt es sich, durch Einlegung eines Einspruchs die einschlägigen Verfahren offenzuhalten.

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