Leitsatz

Der Anspruch auf Erstattungszinsen, die auf Zeiträume nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entfallen, kann vom FA nicht mit vorinsolvenzlichen Steuerforderungen verrechnet werden.

 

Normenkette

§ 226, § 233a AO, § 95 Abs. 1, § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO

 

Sachverhalt

Der Insolvenzverwalter möchte verhindern, dass für Zeiträume nach Eröffnung des Verfahrens gem. § 233a AO entstandene Erstattungszinsen aufgrund geänderter KSt-Festsetzungen für Veranlagungszeiträume vor Verfahrenseröffnung mit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandener Steuer vom FA verrechnet wird.

Das FG hat den darüber erlassenen Abrechnungsbescheid des FA dahin geändert, dass Erstattungszinsen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallen sind, entgegen der Aufrechnungserklärung des FA nicht zur Aufrechnung herangezogen werden dürften.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Er sieht die Rechtslage durch sein Urteil vom 31.5.2005, VII R 71/04 als geklärt an.

 

Hinweis

1. Der Anspruch auf eine Steuer ist im insolvenzrechtlichen Sinn nur dann vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens begründet, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist; auf den Zeitpunkt der steuerverfahrensrechtlichen Entstehung der Steuer kommt es nicht an. Entsprechendes gilt für steuerliche Ansprüche des Steuerpflichtigen.

2. Erstattungszinsen nach § 233a AO sind nicht schon im Zeitpunkt der Leistung von Vorauszahlungen bzw. anzurechnender Steuerabzugsbeträge und anzurechnender KSt unter der aufschiebenden Bedingung, dass einmal die Voraussetzungen vorgenannter Vorschrift eintreten sollten, insolvenzrechtlich begründet, sondern sie entstehen zeitabschnittsweise. Der Anspruch auf Erstattungszinsen, die auf Zeiträume nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen, kann daher vom FA nicht mit vorinsolvenzlichen Steuerforderungen verrechnet werden. § 95 InsO, der eine Aufrechnung erst im Insolvenzverfahren aufrechenbar gewordener Ansprüche ermöglicht, soll nämlich nur den Gläubiger schützen, dessen Forderung in ihrem rechtlichen Kern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder vertraglicher Vereinbarungen bereits gesichert ist. Der Anspruch des Steuerpflichtigen auf Erstattungszinsen ist nicht "gesichert", bevor der (Monats-)Zeitraum abgelaufen ist, für den er solche Zinsen beanspruchen kann.

3. Beachten Sie aber die BFH-Rechtsprechung zur Aufrechnung gegen Erstattungsansprüche, welche dem engen inneren Zusammenhang Rechnung trägt, in dem solche Ansprüche mit einer etwaigen Steuerentstehung vor Verfahrenseröffnung stehen (vgl. Senatsurteil vom 17.4.2007, VII R 27/06, in diesem Heft Seite 319). Bei solchen Ansprüchen ist eine Aufrechnung im Insolvenzverfahren auch dann möglich, wenn der Erstattungstatbestand sich erst während des Insolvenzverfahrens verwirklicht!

4. Beachten Sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht: Hat der BFH bereits über eine Rechtsfrage entschieden, kann im Allgemeinen eine Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Frage nicht mehr zugelassen werden – es sei denn, es werden neue, bisher nicht geprüfte Überlegungen vorgetragen, was nicht schon dadurch dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) wird, dass darauf hingewiesen wird, die frühere Entscheidung des BFH habe diese Gesichtspunkte nicht ausdrücklich erörtert oder sei überhaupt nur knapp begründet.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 30.4.2007, VII B 252/06

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