Leitsatz

1. Der auf einem Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG beruhende Erstattungsanspruch entsteht erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Verlust entstanden ist (Anschluss an BFH, Urteil vom 6.6.2000, VII R 104/98, BStBl II 2000, 491).

2. Die Anwendung des durch das JStG 1997 vom 20.12.1996 eingeführten § 233a Abs. 2a AO auf nach dem 31.12.1995 entstandene Verluste führt im Fall des Verlustrücktrags auf Veranlagungszeiträume vor 1996 nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung.

 

Normenkette

§ 233a Abs. 2a AO

 

Sachverhalt

Die miteinander verheirateten Kläger erwarben im Jahr 1996 Schiffsbeteiligungen und erhielten dafür in voller Höhe verrechenbare Verlustzuweisungen von je 250 000 DM. Bei der getrennten Veranlagung 1996 ergab sich für die Klägerin, die zudem noch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hatte, ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte von 270 477 DM.

Auch für 1994 waren die Kläger zunächst getrennt veranlagt worden. Nun beantragten sie für 1994 die Zusammenveranlagung nach § 10d EStG, was unter Berücksichtigung eines Verlustrücktrags von 270 477 DM zu einer Erstattung der ESt 1994 i.H.v. 135 760 DM führte.

Den Antrag auf Erstattungszinsen lehnte das FA unter Hinweis auf § 233a Abs. 2a AO i.d.F. des JStG 1997 ab. Das FG wies die Klage, mit der die Kläger geltend machten, die Anwendung dieser Vorschrift verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, ab.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG. Die Neuregelung gelte in allen Fällen, in denen – wie hier – der Verlust erst nach dem 31.12.1995 entstanden sei. Ein Fall echter Rückwirkung liege nicht vor, da das JStG 1997 noch vor Ablauf des Jahres 1996 in Kraft getreten sei.

 

Hinweis

1. Mit § 233a AO ist im StReformgesetz 1990 die Vollverzinsung für alle Steuernachforderungen und Steuererstattungen eingeführt worden. Der Zinslauf beginnt dabei grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Auf den Grund der Steuerfestsetzung oder einer Korrektur derselben ist bis zur Änderung des § 233a AO durch das JStG 1997 nicht abgehoben worden. Im Gegenteil hatte der BFH in zwei Urteilen entschieden, dass Steuernachforderungen auch dann zu verzinsen sind, wenn sie sich aus einer rückwirkenden Steuerfestsetzung ergeben – ohne Rücksicht darauf, dass sich für den Steuerschuldner kein Zins- oder Liquiditätsvorteil ergeben hatte (BFH, Urteile vom 2.7.1997, I R 25/96, BStBl II 1997, 714; vom 27.1.1998, VIII R 47/96, BStBl II 1998, 498).

2. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, um im JStG 1997 durch die Einführung der Abs. 2a und 7 in § 233a AO den Beginn der Verzinsung an den Zeitpunkt zu knüpfen, ab dem ein konkreter Liquiditätsvorteil oder -nachteil eintreten konnte: bei rückwirkenden Ereignissen an das Jahr des Ereignisses und bei Verlustabzügen an das Jahr der Entstehung des Verlusts.

3. Da das JStG 1997 noch vor Ablauf des Jahres 1996 in Kraft getreten war (siehe dazu die in diesem Heft besprochene Entscheidung des BFH, XI R 81/00 auf Seite 313), liegt im Streitfall keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung vor. Denn der Erstattungsanspruch, aus der der Zinsanspruch abgeleitet werden kann, war auch erst mit Ablauf des Jahres 1996 entstanden. Es handelt sich deshalb lediglich um eine zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung; d.h. die Einwirkung eines Gesetzes auf in der Vergangenheit begründete, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.3.2002, XI R 50/00

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