Leitsatz

Der Zinsabschlag gemäß § 43 Abs. 1 EStG ist auch bei einem kommunalen Unternehmen vorzunehmen, dessen Gegenstand die öffentliche Abwasserentsorgung ist. Ist bei einem solchen Unternehmen die Kapitalertragsteuer und die anrechenbare Körperschaftsteuer auf Dauer höher als die gesamte festzusetzende Körperschaftsteuer, so beruht eine solche Überzahlung nicht auf der abstrakten „Art” der Geschäfte i.S. von § 44a Abs. 5 EStG , sondern auf den den kommunalen Gesellschaftern gesetzlich auferlegten Aufgaben und Bindungen, insbesondere dem Kostendeckungsprinzip.

 

Normenkette

EStG § 43 Abs. 1, , EStG § 44a Abs. 5 , KStG § 49 Abs. 1 , GO LSA § 116 Abs. 3 , KAG LSA § 5 Abs. 1 und , KAG LSA § 5 Abs. 2

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.03.2000, I R 32/99

Anmerkung

Grundsätzlich ist bei Kapitalerträgen, die Betriebseinnahmen sind, keine Freistellung von der Kapitalertragsteuer (Zinsabschlag) möglich. § 44a Abs. 5 EStG lässt hier aber eine Ausnahme zu, wenn ein Gläubigerunternehmen durch eine Freistellungsbescheinigung nachweist, dass bei ihm auf Grund der Art seiner Geschäfte auf Dauer die Kapitalertragsteuer (der Zinsabschlag) und die anrechenbare KSt höher wären als die gesamte festzusetzende ESt oder KSt (sog. Dauerüberzahler ). Andernfalls käme es in diesen Fällen fortwährend zu einer Überbesteuerung. Beispiele hierfür sind Lebensversicherungsunternehmen und Urheberrechts-Verwertungs-Gesellschaften (wie GEMA u.ä.), die ihre Wertpapiererträge als Betriebsausgaben weitergeben.

Da kommunale Versorgungs- und Verkehrsunternehmen nach dem Kostendeckungsprinzip arbeiten und regelmäßig mit Dauerverlusten oder allenfalls mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschließen, führt die Einbehaltung des Zinsabschlags auch hier regelmäßig zu einer dauerhaften Überbesteuerung.

Die Finanzverwaltung vertrat in diesen Fällen stets eine enge Auslegung und ließ eine Befreiung vom Zinsabschlag nicht zu. Diese Auffassung hat der BFH jetzt für den Fall eines kommunalen Abwasser-Entsorgungs-Unternehmens in der Rechtsform einer GmbH bestätigt, an der zwei Abwasser-Zweckverbände beteiligt waren. Er begründet dies damit, der dauerhafte Überschuss des Zinsabschlags über die festgesetzte KSt beruhe hier nicht auf der „Art” der Geschäfte der GmbH, sondern auf den besonderen rechtlichen Gestaltungen und Gegebenheiten , nämlich der Zusammensetzung ihrer Gesellschafter und der diesen als Zweckverbänden auferlegten Bindungen. Bei einer anderen Konstruktion, z.B. bei der Verpflichtung Dritter mit der Abwasserbeseitigung, hätte die GmbH durchaus mit Gewin-nerzielungsabsicht arbeiten können.

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