Leitsatz

Ein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 S. 4 FGO besteht nicht, wenn der Kläger die Erhebung einer Schadenersatzlage gegen die Behörde allein wegen der durch den Finanzrechtsstreit und das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren verursachten Kosten beabsichtigt.

Die kostenrechtlichen Bestimmungen der FGO dürfen durch eine nachfolgende Schadenersatzklage vor den Zivilgerichten nicht unterlaufen werden.

 

Normenkette

§ 100 Abs. 1 S. 4, § 128 Abs. 4 S. 1, § 138 Abs. 1, § 139 Abs. 1 und 3, § 145 FGO

 

Sachverhalt

Das FA, Beklagter und Revisionskläger, ordnete mit Verwaltungsakt vom 25.06.2003 den dinglichen Arrest in das Vermögen der Klägerin und Revisionsbeklagten zur Sicherung von ESt-Ansprüchen an. Hintergrund der Arrestverfügung war ein im Februar 2003 eingeleitetes Steuerstrafverfahren. Die Klägerin wandte sich mit Klage vom 24.07.2003 an das FG, die Arrestanordnung aufzuheben und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Aufgrund eines Zwischenberichts der Steuerfahndung erließ das FA im September 2003 geänderte ESt-Bescheide. Nach Ansicht des FA hatte sich die Arrestanordnung dadurch erledigt, weshalb es den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärte. Die Klägerin hingegen stellte ihren Klageantrag gem. § 100 Abs. 1 S. 4 FGO um und begehrte nunmehr, die Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung festzustellen. Ihr Interesse an dieser Feststellung begründete sie mit ihrer Absicht, einen Schadenersatzanspruch wegen der ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten geltend machen zu wollen, da offensichtlich kein Arrestgrund bestanden habe.

Zwischenzeitlich erhob die Klägerin beim LG eine Amtshaftungsklage, mit der sie die Kosten im Rahmen des Einspruchsverfahrens und des anschließenden Klageverfahrens i.H.v. 33 855,13 Euro geltend machte.

 

Entscheidung

Auf die vom BFH zugelassene Revision des FA hob dieser das klagestattgebende Urteil des FG München vom 21.07.2006, 13 K 3079/03 (Haufe-Index 1768165) auf und wies die Fortsetzungsfeststellungsklage wegen fehlenden berechtigten Interesses als unzulässig ab. Die Klägerin habe keinen über die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens und des Einspruchsverfahrens hinausgehenden Schaden schlüssig geltend gemacht.

Den unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH erhobenen Einwendungen folge der Senat nicht. Vielmehr halte er die in der bisherigen Rechtsprechung des BFH entwickelten Rechtsgrundsätze für zutreffend. Allein das Interesse der Klägerin am Ersatz der durch den Finanzrechtsstreit ausgelösten Kosten könne die Fortsetzung eines an sich erledigten Anfechtungsprozesses nicht rechtfertigen.

 

Hinweis

1.Erledigt sich ein Verwaltungsakt, so kann bei Vorliegen eines berechtigten Interesses der Kläger von einer – zulässigen – Anfechtungsklage nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO zur – nachträglichen – Fortsetzungsfeststellungsklage übergehen.

2. Dafür genügt nach der Rechtsprechung des BFH jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts geeignet ist, zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen.

3. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist vor allem dann anzuerkennen, wenn die Feststellung des FG dazu dienen soll, die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen vor den Zivilgerichten zu erleichtern. Allerdings muss die Schadenersatzklage entweder bereits anhängig oder aber mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein. Ferner darf die finanzgerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos sein.

4. Indes verneint der BFH ein berechtigtes Interesse, wenn die Erhebung einer Schadenersatzklage gegen die Behörde allein wegen der durch den Finanzrechtsstreit verursachten Kosten beabsichtigt ist. Ob der Kläger im Fall der Erledigung des Rechtsstreits Ersatz seiner dadurch verursachten Kosten verlangen kann, wird durch die Kostenentscheidung des zuständigen FG beantwortet und darf nicht Gegenstand eines anschließenden Schadenersatzprozesses sein.

5. Ein berechtigtes Interesse kann allein dann vorliegen, wenn ein über die Verfahrenskosten hinausgehender Schaden, den der Kläger durch das behauptete rechtswidrige Behördenverhalten erlitten haben will, schlüssig konkretisiert wird, z.B. wenn im Streitfall Gebühren für eine Bankbürgschaft zur Abwendung der Arrestvollziehung entstanden wären.

6. Erledigt sich der angefochtene Verwaltungsakt, so ist bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen nur noch über die Kosten des Verfahrens nach § 138 Abs. 1 FGO ohne Beweisaufnahme aufgrund einer nur summarischen Prüfung unter maßgeblicher Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands durch Beschluss des FG zu entscheiden. Diese Kostenentscheidung kann auch nicht mit Rechtsmitteln angegriffen werden (§ 128 Abs. 4 FGO).

7.Anders als in Zivilprozess g...

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