Leitsatz

Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist nicht befugt, den gegen die Kapitalgesellschaft ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos anzufechten.

 

Normenkette

§ 27 Abs. 2 KStG, § 40 Abs. 2 FGO, § 166 AO, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft dänischen Rechts, war im Streitjahr 2007 – und ist auch heute noch – Gesellschafterin der Beigeladenen, einer GmbH mit Sitz im Inland.

Die Beigeladene gab im Oktober 2008 eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 ab, in der der Bestand des Einlagekontos mit 0 EUR beziffert wurde. Dabei wurde eine im Streitjahr in die Kapitalrücklage geleistete Zahlung i.H.v. rund 800.000 EUR versehentlich nicht berücksichtigt.

Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 22.12.2008 stellte das FA den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2007 erklärungsgemäß mit 0 EUR fest (im Folgenden: Feststellungsbescheid). Aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen wurde der Feststellungsbescheid im Februar 2009 geändert, der Nachprüfungsvorbehalt blieb bestehen.

Am 26.11.2015 machte die Beigeladene gegenüber dem damals zuständigen FA geltend, dass die genannten Bescheide nichtig seien, da die im Jahr 2007 geleistete Einlage nicht berücksichtigt worden sei; hilfsweise sei diese im Wege einer Berichtigung nach § 129 AO im Nachhinein zu erfassen. Mit Bescheid vom 7.7.2016 lehnte das damals zuständige FA die Anträge auf Feststellung der Nichtigkeit und auf Berichtigung ab. Dagegen legte die Beigeladene am 10.2.2017 Einspruch ein, den das nunmehr zuständige FA mit Einspruchsentscheidung vom 6.2.2018 als unzulässig verwarf.

Bereits am 18.1.2018 hatte die Klägerin Einspruch gegen den Feststellungsbescheid eingelegt und beantragt, die im Jahr 2007 geleistete Einlage zusätzlich zu erfassen. Zur Begründung trug sie vor, dass sie als Gesellschafterin der Beigeladenen von der fehlerhaften Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unmittelbar betroffen sei, was ihr die erforderliche Rechtsbehelfsbefugnis verleihe. Da der Feststellungsbescheid ihr gegenüber nicht bekanntgegeben worden sei, habe eine Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen begonnen. Der Einspruch sei daher nicht verfristet.

Das FA und das FG folgten dem nicht. Sie vertraten die Auffassung, dass ein sog. Drittanfechtungsrecht nicht anzuerkennen sei (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 19.9.2019, 1 K 73/18, Haufe-Index 13540154).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das klageabweisende Prozess­urteil als rechtsfehlerfrei. Den Praxis-Hinweisen kann die Begründung des BFH entnommen werden.

 

Hinweis

1. Der BFH hat mit der Besprechungsentscheidung einen seit längerer Zeit schwelenden Streit über die Anfechtungsberechtigung beim steuerlichen Einlagekonto entschieden.

2. § 27 Abs. 2 KStG schreibt vor, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit einem besonderen Feststellungsbescheid festzuschreiben ist. Auf dem Konto sind insbesondere die Einlagen zu erfassen, die der Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft geleistet hat. Werden solche Einlagen später an den Gesellschafter aus dem Einlagekonto zurückgezahlt, dann muss der Gesellschafter diese sog. Einlagenrückgewähr nicht versteuern (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Indes kann als Einlagenrückgewähr "unten" bei den Anteilseignern nur ankommen, was "oben" bei der Kapitalgesellschaft als Einlage "wirksam verbucht" ist. Der BFH spricht insoweit davon, dass von der Feststellung des Einlagekontos auf der Ebene der Kapitalgesellschaft eine materiell-rechtliche Bindungswirkung für die Besteuerung der Anteilseigner ausgeht: Ist also "oben nichts verbucht", dann sind Ausschüttungen "unten" als steuerpflichtige Kapitaleinkünfte zu qualifizieren. Im Streitfall war eine solche Situation gegeben. Eine hohe Einlage war objektiv erfolgt. Die Kapitalgesellschaft hatte aber "vergessen", diese Einlage in ihrer Feststellungserklärung zu erfassen, und der daraufhin ergangenen Feststellungsbescheid wies dementsprechend den Bestand des steuerlichen Kapitalkontos mit 0 EUR aus.

3. Die Führung des steuerlichen Einlagekontos auf der Ebene der Kapitalgesellschaft ist unter Rechtsschutzgesichtspunkten misslich für die Anteilseigner. Obgleich das Konto für sie die vorgenannte materiell-rechtliche Bedeutung hat, haben sie keinen unmittelbaren Einfluss auf dieses Konto. Die entsprechenden Feststellungserklärungen hat allein die Kapitalgesellschaft abzugeben, der Feststellungsbescheid ergeht allein ihr gegenüber und die Kapitalgesellschaft ist auch befugt, Rechtsbehelfe gegen eine fehlerhafte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos einzulegen. Die eigene Klagebefugnis der Kapitalgesellschaft als der Adressatin des Feststellungsbescheids gemäß § 27 Abs. 2 KStG hatte der BFH in früheren Entscheidungen bereits anerkannt (z.B. BFH, Urteil vom 19.7.2017, I R 96/15, BFH/NV 2018, 237).

4. Um Rechtsschutzlücken zu schließen und der materiell...

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