Leitsatz

Gewerbliche Einkünfte im Sonderbereich des Gesellschafters einer freiberuflich tätigen Personengesellschaft führen nicht zu einer Abfärbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf die Einkünfte der Gesellschaft im Gesamthandsbereich.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Kläger sind eine aus zwei Eheleuten bestehende GbR, die eine Zahnarztpraxis betreibt, sowie der an der GbR beteiligte Ehemann (E). Das Grundstück, auf dem die Praxis betrieben wird, stand in den Streitjahren 1994 bis 1998 im Alleineigentum von E. Im ersten Stock dieses Grundstücks betrieb die GbR zunächst gleichzeitig ein Dentallabor; seit 1.3.1984 wird dieses von einer GmbH betrieben, an der der Ehemann zu 52 % sowie drei weitere Gesellschafter beteiligt sind. Die Ehefrau ist an der GmbH nicht beteiligt. Die GmbH nutzte die Räume aufgrund eines Mietvertrags mit der GbR.

Das FA betrachtete das Grundstück als Sonderbetriebsvermögen des E bei der GbR. In der Vermietung der Räume an die GmbH sah es eine Betriebsaufspaltung zwischen E und der GmbH. Es erfasste die Mieteinnahmen als gewerbliche Sonderbetriebseinnahmen des E im Rahmen der GbR und qualifizierte unter Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die freiberuflichen Einkünfte der GbR in gewerbliche Einkünfte um.

Das FG gab der Klage statt und stellte die Einkünfte der GbR als solche aus selbstständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung fest (EFG 2005, 1858). Die auf E entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifizierte es in gewerbliche um.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.

Eine Betriebsaufspaltung habe weder zwischen der GbR und der GmbH noch zwischen E und der GmbH vorgelegen. Die Umqualifizierung der anteilig auf E entfallenden Vermietungseinkünfte in gewerbliche Einkünfte (die im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und deshalb rechtskräftig geworden sei) habe nicht zur Folge, dass die gesamten Einkünfte der GbR nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gewerblich gelten.

 

Hinweis

1. Bei einer sog. Betriebsaufspaltung geht nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Vermietung und Verpachtung über den Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung hinaus und führt zur Gewerblichkeit der Vermietungseinkünfte, wenn die vermieteten Vermögensgegenstände zu den wesentlichen Grundlagen der Betriebsgesellschaft gehören (sachliche Verflechtung) und zwischen der Besitz- und der Betriebsgesellschaft eine enge personelle Verflechtung besteht.

2. Die Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen der GbR und der GmbH scheitert an der fehlenden personellen Verflechtung. Die Ehefrau ist zwar an der GbR, nicht aber an der GmbH beteiligt. Der Ehemann (E) ist zwar an beiden Gesellschaften beteiligt, hat jedoch nur in der GmbH und nicht auch in der GbR einen beherrschenden Einfluss.

3. Die Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen E und der GmbH scheitert daran, dass nicht E, sondern die GbR als Vermieter des Grundstücks anzusehen ist.

Den Mietvertrag mit der GmbH hat die GbR geschlossen. Die GbR hat die Mieteinnahmen auch als gemeinschaftliche Einnahmen und nicht als Sonderbetriebseinnahmen des E behandelt. Dass E der GbR sein Grundstück unentgeltlich überlassen hat, hat der BFH nicht als rechtsmissbräuchlich beurteilt, weil darin ein Gesellschafterbeitrag i.S.v. § 705 BGB zu sehen ist.

4. Die rechtskräftig festgestellte Gewerblichkeit der anteilig auf E entfallenden Vermietungseinkünfte hat keine Abfärbung i.S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf die freiberuflichen Einkünfte der GbR zur Folge. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift wäre dies nur der Fall, wenn die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit auch gewerbliche Einkünfte erzielt hätten. Dies war aber nicht der Fall. Die Gesellschafter der GbR haben gesamthänderisch als Zahnärzte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 EStG und Vermietungseinkünfte nach § 21 EStG erzielt. Die Vermietung des Grundstücksteils an die GmbH war nicht gewerblich, weil sie nicht im Rahmen einer Betriebsaufspaltung stattfand.

Eine wortlauterweiternde Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG wäre nach Auffassung des BFH verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie gegen die Rechtsformneutralität verstoßen würde. Denn § 15 Abs. 3 EStG gilt nur für Gesellschaften, nicht jedoch für Einzelunternehmen. Allein die Rechtsform eines Unternehmens darf aber kein hinreichender Differenzierungsgrund für eine unterschiedliche Besteuerung sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.6.2006, XI R 31/05

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