rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsvermögenskonkurrenz bei Betriebsaufspaltung und Qualifizierung von Einkünften i.S. der sog. „Abfärbung”

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Überlässt ein zu 50% an einer freiberuflichen Praxis-GbR beteiligter Gesellschafter dieser unentgeltlich ein Grundstück, das die GbR wiederum als wesentliche Betriebsgrundlage an eine von dem Gesellschafter beherrschte Labor-GmbH vermietet, so kann eine Abfärbewirkung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aufgrund der Vermietung nicht durch eigene gewerbliche Einkünfte der GbR eintreten, da eine Betriebsaufspaltung zwischen ihr und der GmbH mangels personeller Verflechtung ausscheidet.
  2. Eine Abfärbewirkung kann auch nicht durch die aufgrund Betriebsaufspaltung als gewerblich zu qualifizierenden Vermietungseinkünfte des Gesellschafters selbst eintreten, die dieser unter Einschaltung der GbR als Zwischenmieterin erzielt, da diese Einkünfte mangels entgeltlicher Überlassung des Grundstücks nicht als dem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnende Sondervergütung, sondern ausschließlich im Besitz-Einzelunternehmen des Gesellschafters zu erfassen sind. Die Bilanzierungskonkurrenz bezüglich des Grundstücks ist zugunsten des Einzelunternehmens zu lösen.
  3. Die Anteile an der Labor-GmbH stellen kein Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Beteiligung an der Praxis-GbR dar, wenn die Laborleistungen zu fremdüblichen Preisen abgerechnet werden und die wegen ihrer Verbilligung für die GbR ungünstige Grundstücksvermietung die Gesellschafterstellung nicht zu stärken vermag.
  4. Unabhängig davon kommt der Erfassung von Einkünften im Sonderbetriebsvermögen generell keine Abfärbewirkung auf die Einkünfte der Gesamthand zu. Die Umqualifizierung ist vielmehr auf der Ebene des Gesellschafters vorzunehmen.
 

Normenkette

EStG §§ 4, 15, 18, 20 Abs. 3, § 21; BGB § 604 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1994, 1995, 1996, 1997, 1998

 

Tatbestand

Der Tatbestand ist dem Gerichtsbescheid vom 18.05.2005 zu entnehmen, auf den verwiesen wird.

(Redaktionelle Anmerkung: Der Gerichtsbescheid ist dieser Entscheidung als Anhang beigefügt)

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 30.05.2005 mündliche Verhandlung beantragt.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, die Umstellung des Klageantrags im Schriftsatz vom 06.05.2005 stelle nach dem Urteil des BFH vom 19.05.1999 IV B 71/98, BFH/NV 1999, 1449 eine unzulässige Klageänderung dar. Die Klägerin habe innerhalb der Klagefrist nur beantragt, Einkünfte in bestimmter Höhe als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit festzustellen, hinsichtlich der übrigen Feststellungen in den Gewinnfeststellungsbescheiden sei somit Unanfechtbarkeit eingetreten. Der Klageantrag im Schriftsatz vom 06.05.2005 sei deshalb nicht als eine Präzisierung des bereits gestellten Klageantrages, sondern als ein neuer Antrag anzusehen.

Die ursprünglich gestellten Klageanträge sind der Klageschrift vom 26.06.2002 zu entnehmen, auf die inhaltlich Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die Formulierung des Klageantrags durch das Schreiben vom 06.05.2005 war zulässig. Sie stellt keine Klageänderung im Sinne des § 67 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dar sondern eine Präzisierung des ursprünglich gestellten Klageantrags. Die Klägerin hat mit der Klageschrift vom 26.06.2002 die Qualifikation der Einkünfte, die Höhe der Einkünfte sowie die Nicht-Erfassung des an die GmbH vermieteten Grundstücksanteils, der GmbH-Anteile und Ausschüttungen im Sonderbetriebsvermögen und die Erfassung des an die Gemeinschaftspraxis überlassenen Grundstücksanteils im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters begehrt. Ihr Antrag im Schreiben vom 06.05.2005 erfasst dieses ursprüngliche Begehren.

Zwar hat die Klägerin in ihrem ursprünglich ausformulierten Antrag (s. Klageschrift vom 26.06.2002) lediglich die Feststellung von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit begehrt. Der Inhalt des Klagebegehrens ist aber nicht allein aus dem ausformulierten Klageantrag zu entnehmen. Vielmehr ist der gesamte Inhalt der Klageschrift zur Ermittlung des tatsächlichen Klagebegehrens der Klägerin heranzuziehen. Prozesserklärungen sind nach dem wirklichen Willen der Klägerin auszulegen (§ 133 Bürgerliches GesetzbuchBGB – analog).

Die Klägerin hat durch ihren Antrag, Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit anstelle von Einkünften aus Gewerbebetrieb zu erfassen, die Qualifikation der Einkünfte angefochten. In Folge dessen ist nicht bestandskräftig festgestellt worden, welcher Einkunftsart die Einkünfte der Klägerin angehörten. Die Klägerin konnte somit ihren Antrag dahingehend umstellen, dass die Einkünfte der Klägerin teilweise aus selbstständiger Tätigkeit und teilweise aus Vermietung und Verpachtung stammten.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin auch die Höhe des Gesamtgewinnes angefochten. Denn in der Klageschrift hat die Klägerin die Höhe des Gesamtgewinns gerügt und geltend gemacht, dass die bei der Praxisgemeinschaft ersparten Kfz-Kosten bisher nicht als fiktive Aufwendungen der Gemeinschaftspraxis b...

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