Leitsatz

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung setzt bei der Vermietung nach § 9 Abs. 2 UStG voraus, dass der Mieter die Räume ausschließlich für vorsteuerabzugsberechtigende Leistungen verwendet. Das FG ist nicht an Bagatellgrenzen der Verwaltung gebunden.

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb und vermietete ein Gebäude. In dem Gebäude vermietete sie u. a. eine Bürofläche von 295 m² an eine GmbH, die zum Teil steuerpflichtige Umsätze tätigte, teilweise die Räume aber auch zur Verwaltung eigener steuerfrei verwendeter Immobilien nutzte. Nach Aussagen der Klägerin wurde nur ein Raum mit ca. 16 m² teilweise (zur Hälfte) für diese Verwaltungstätigkeit verwendet. Die Klägerin verzichtete bei der Vermietung dieser Räume auf die Steuerfreiheit nach § 9 Abs. 1, 2 UStG und zog die anteilig auf diese Vermietung entfallenden Vorsteuerbeträge aus der Sanierung des Objekts ab.

Nach einer Betriebsprüfung versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug, da die steuerfreie Vermietung, die die Mieterin selber ausführte, ca. 20 % der gesamten Umsätze ausmachte. Damit war auch die Bagatellgrenze nach Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE (nach der die Finanzverwaltung es nicht für die Option als unschädlich ansieht, wenn der Mieter die Räume bis zu 5 % für vorsteuerabzugsschädliche Umsätze verwendet) nicht mehr anwendbar. Die Vermietung an die GmbH sei damit zwingend nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei und würde den Vorsteuerabzug (anteilig) ausschließen.

Die Klage richtete sich gegen die Versagung der Vorsteuerabzugsberechtigung für die anteiligen Sanierungskosten, da die Klägerin der Auffassung war, dass die Mieterin nur in geringfügigen Umfang die Räume für vorsteuerabzugsschädliche Zwecke verwenden würde.

 

Entscheidung

Die Klage wurde vom FG als unbegründet abgewiesen.

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist zwar nach § 9 Abs. 1 UStG möglich, da die Leistung an einen anderen Unternehmer und für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Das Gericht sah aber die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG nicht als gegeben an.

Nach § 9 Abs. 2 UStG muss der Mieter die Räume ausschließlich für Umsätze verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Diese Beschränkung des Optionsrechts ist auch gemeinschaftsrechtlich zulässig. Im vorliegenden Fall verwendet der Mieter die Räume nicht ausschließlich für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Zwar lässt die Finanzverwaltung in Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE zu, dass die Option auch dann ausgeübt werden kann, wenn die Räume in geringfügigen Umfang (bis max. 5 %) für Umsätze verwendet werden, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Das Gericht sieht sich an diese Auffassung der Finanzverwaltung aber nicht gebunden.

Darüber hinaus würde die Nutzung durch die Mieterin auch diese Bagatellgrenze überschreiten. Wie das Finanzamt zutreffend festgestellt hatte, führte die Mieterin zu 20 % steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze aus, sodass die 5 %-Grenze eindeutig überschritten ist. Das Gericht sah keine Möglichkeit, die Aufteilung nach m² vorzunehmen. Soweit der eine Raum von 16 m² anteilig für die vorsteuerabzugsschädliche Verwendung genutzt wird, überschreitet dies bei einer Gesamtfläche von 295 m² ebenfalls die 5 %-Grenze; eine weitere Aufteilung des Raums wegen der nur anteiligen Nutzung für die vorsteuerabzugsschädlichen Leistungen würde nicht in Betracht kommen.

Eine Teiloption bezogen auf einzelne Räume führt zu keinem anderen Ergebnis. Es muss sich dann jedenfalls um einzelne abgrenzbare selbstständige Funktionsbereiche dieser Gebäudefläche handeln. Ein in diesem Sinn abgrenzbarer Bereich liegt im Streitfall nicht vor. Das Gericht ist insofern der Auffassung, dass ein abgrenzbarer Funktionsbereich lediglich dann angenommen werden kann, wenn dieser Gegenstand eines selbstständigen Mietvertrags sein könnte.

 

Hinweis

Eine steuerfreie Vermietung kann nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG steuerpflichtig behandelt werden. Dabei ist nach § 9 Abs. 2 UStG Voraussetzung, dass die Räume durch den Mieter "ausschließlich" für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Umsätze verwendet werden. Die von der Finanzverwaltung gewährte Bagatellgrenze von bis zu 5 % vorsteuerabzugsschädliche Umsätze ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sodass Gerichte daran grundsätzlich nicht gebunden sind.

Die Einschränkung der Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 2 UStG ist aber nur für Gebäude anzuwenden, bei denen mit dem Bau ab dem 11.11.1993 begonnen wurde oder die nach dem 31.12.1997 fertig gestellt worden sind (§ 27 Abs. 2 UStG). Wurde mit der Errichtung des Gebäudes vor dem 11.11.1993 begonnen und das Gebäude auch bis zum 31.12.1997 fertig gestellt, kommt es für die Option des Vermieters nicht darauf an, dass der Mieter vorsteuerabzugsberechtigende Umsätze ausführt.

Gegen das Urteil des FG ist Revision beim BFH anhängig (V R 27/13).

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.04.2013, 5 K 393/11

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