Leitsatz

Die Frage, ob ein "Geldgeschäft" (Darlehensgewährung, Beteiligungserwerb usw.) eines Freiberuflers ein eigenes wirtschaftliches Gewicht hat und damit nicht dem (notwendigen) Betriebsvermögen zuzuordnen wäre, ist aufgrund einer Abwägung der nach außen erkennbaren Motive zu beantworten. Ein eigenes wirtschaftliches Gewicht ist anzunehmen, wenn bei einem "Geldgeschäft" die Gewinnung eines Auftraggebers lediglich ein erwünschter Nebeneffekt ist. Dagegen ist ein eigenes wirtschaftliches Gewicht zu verneinen, wenn das Geschäft ohne die Aussicht auf neue Aufträge nicht zustande gekommen wäre.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG , § 18 EStG

 

Sachverhalt

Einem selbstständigen Ingenieur, der ein Planungsbüro für Statik und Bauplanungen unterhielt, war die Beauftragung mit Planungsarbeiten für ein Messe-Hotel angeboten worden. Dazu sollte er sich aber an der AG beteiligen, die das Baugrundstück erwerben, das Hotel errichten und es anschließend verpachten und verwerten wollte. Geplant war ein "Messe-Sharing"-Konzept, wonach potenzielle Messebesucher und Kapitalanleger für 4 000 DM je Zimmer und Messetag Belegungsrechte für einen Zeitraum von 25 Jahren erwerben sollten. Später sollten möglicherweise auch in anderen Messestädten Hotelanlagen dieser Art entstehen.

Der Ingenieur beteiligte sich zunächst mit 150 000 DM. Nachdem im Folgejahr 1990 die AG eine umzubauende Hotelanlage erworben hatte, erhielt der Ingenieur einen Planungsauftrag, dessen Volumen sich mit dem Betrag der Beteiligung deckte. Später stockte der Ingenieur seine Beteiligung auf 168 750 DM auf. Außerdem übernahm er teilweise die Haftung für eine Grundschuld der AG sowie eine selbstschuldnerische Bürgschaft und gewährte der zur Vermarktung gegründeten Tochter-GmbH ein Darlehen.

Aus diesen Verpflichtungen wurde der Ingenieur in Anspruch genommen, denn die AG fiel 1991 in Konkurs. Die betreffenden Aufwendungen sowie den Verlust der Beteiligung machte der Ingenieur im Rahmen seiner Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 1991 als Betriebsausgabe geltend. Das FA war damit nicht einverstanden, weil die Beteiligung kein notwendiges Betriebsvermögen und die Bürgschaftsübernahme nicht ausschließlich betrieblich veranlasst gewesen sei. Das FG wies die Klage dagegen ab.

 

Entscheidung

Die Revision war erfolgreich; der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Nach den bisherigen Feststellungen könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die Anteile an der AG zum notwendigen Betriebsvermögen gehört hätten.

Die Beteiligung habe nicht deshalb ein wirtschaftliches Eigengewicht und sei der freiberuflichen Betätigung wesensfremd, weil die AG nicht nur die Errichtung, sondern auch den Betrieb der Hotelanlage habe übernehmen sollen. Der Betrieb habe sich auf den einmaligen "Verkauf" der Belegungsrechte beschränkt. Die damit entstehende Liquidität hätte zur Errichtung weiterer Anlagen genutzt werden können.

Gegen die Behandlung als Betriebsvermögen spreche auch nicht die geringfügige Aufstockung der Beteiligung über das Auftragsvolumen hinaus. Das FG müsse untersuchen, wie die Verwertung der Hotelanlage hätte ablaufen sollen und ob und ggf. wie die erzielten Gewinne hätten reinvestiert werden sollen.

 

Hinweis

Die Behandlung von Kapitalbeteiligungen oder Geldanlagen als Betriebsvermögen von Freiberuflern macht in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten. Diese resultieren in erster Linie daraus, dass die Rechtsprechung Geldgeschäfte der freiberuflichen Betätigung für wesensfremd hält. Denn bei der Ausübung des freien Berufs stehe die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen und der Einsatz des geistigen Vermögens sowie der durch qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Vordergrund.

Ein Geldgeschäft wird deshalb der freiberuflichen Betätigung nur dann zugeordnet, wenn es als Hilfsgeschäft zur Haupttätigkeit angesehen werden kann. Andererseits ermitteln Freiberufler in der Regel ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Sie können nach der bisherigen, aber zunehmend in Frage gestellten Rechtsprechung deshalb kein gewillkürtes Betriebsvermögen bilden.

Die Eingehung einer Kapitalbeteiligung kann Hilfsgeschäft zur Beschaffung eines Auftrags sein. Einen solchen Fall betrifft das Besprechungsurteil. Danach ist die Zuordnung zum Betriebsvermögen davon abhängig, ob die Beteiligung ohne Aussicht auf neue Aufträge nicht erworben worden wäre (dann Veranlassung nur durch die Auftragsbeschaffung und notwendiges Betriebsvermögen) oder ob das Anfallen eines Auftrags im Zusammenhang mit der Beteiligung nur erwünschter Nebeneffekt wäre (dann außerbetriebliche Mitveranlassung und nach Meinung des BFH auch bei bilanzierenden Freiberuflern notwendiges Privatvermögen).

Eine Kapitalbeteiligung kann aber auch Hilfsgeschäft bei der Vereinnahmung des Honorars sein. Dies hat der BFH kürzlich für den Erwerb eines GmbH-Anteils mit Wertsteigerungspotenzial vom Auftraggeber angenommen (Urteil vom 1.2.2001, IV R 57/99, BFH-PR 2001, 250).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urtei...

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