2.1 Voraussetzungen des Rückerstattungsanspruchs

 

Rz. 4

§ 112 setzt voraus, dass eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Ob dies durch schuldhaftes Handeln eines Leistungsträgers verursacht worden ist, spielt für den Rückerstattungsanspruch keine Rolle.

Eine Erstattung ist zu Unrecht erfolgt, wenn der Erstattungsanspruch des berechtigten Leistungsträgers von Anfang an nicht oder nicht in voller Höhe bestanden hat oder nachträglich weggefallen ist. Hierfür kommen insbesondere folgende Ursachen in Betracht:

  • Eine der Voraussetzungen der §§ 102 bis 105 hat nicht vorgelegen.
  • Der Erstattungsanspruch bestand zwar dem Grunde nach, aber nur in geringerer Höhe.
  • Die Rangfolge des § 106 wurde nicht beachtet.
  • Der Erstattungsanspruch war nach § 111 ausgeschlossen.

Hat der erstattungspflichtige Leistungsträger den Erstattungsanspruch befriedigt, obwohl dieser nach § 113 verjährt war, ist die Erstattung insoweit nicht zu Unrecht erfolgt und es besteht kein Anspruch auf Rückerstattung. Entsprechendes gilt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Erstattungsanspruch die Bagatellgrenze gemäß § 110 nicht erreicht hat.

2.2 Keine Rückerstattung bei bestandskräftigem Bescheid

 

Rz. 5

Stellt sich in den Fällen der §§ 102 bis 104 heraus, dass der erstattungsberechtigte Leistungsträger zu Unrecht vorgeleistet hat, so berührt dies den Bestand des Erstattungsanspruchs nur dann, wenn der fehlerhaften Leistung nachträglich (z. B. durch Rücknahme des Bewilligungsbescheides gemäß § 45) die Rechtsgrundlage entzogen wird. Anderenfalls beruht die Leistung zwar auf einem rechtswidrigen, aber dennoch wirksamen Verwaltungsakt mit der Folge, dass die Leistung nicht zurückgefordert werden kann und der Erstattungsanspruch bestehen bleibt.

Entsprechendes gilt, wenn sich nach Befriedigung eines Erstattungsan­spruchs herausstellt, dass der vorrangig verpflichtete Leistungsträger, also der zur Erstattung verpflichtete Leistungsträger, seine Leistungen ganz oder teilweise zu Unrecht erbracht hat, eine Rücknahme des Bescheides mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 aber nicht mehr möglich ist. Stellt sich also nachträglich heraus, dass eine Rente zu Unrecht bewilligt worden ist oder zu hoch berechnet wurde und kann der Rentenbescheid nach § 45 gegenüber dem Leistungsberechtigten mit Wirkung für die Vergangenheit nicht mehr zurückgenommen werden, besteht für den Rentenversicherungsträger auch kein Rückerstattungsanspruch.

Maßgebend für das Bestehen eines Erstattungsanspruchs ist somit der Bewilligungsbescheid, auch wenn er nicht der materiellen Rechtslage entspricht (BSG, Urteil v. 23.6.1993, 9/9a RV 35/91, und Urteil v. 1.4.1993, 1 RK 10/92).

2.3 Besonderheiten bei einem Ausschluss des Erstattungsanspruchs ­gemäß § 111

 

Rz. 6

Durch das 4. Euro-Einführungsgesetz v. 21.12.2000 ist ab 1.1.2001 mit der Neufassung des § 111 Satz 2 klargestellt worden, dass die Ausschlussfrist für einen Erstattungsanspruch frühestens mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers über die Leistungspflicht des erstattungspflichtigen Leistungsträgers beginnt.

Nach der mit Wirkung ab 1.1.2001 neu in das Gesetz eingefügten Übergangsregelung des § 120 Abs. 3 ist ein Rückerstattungsanspruchs nach § 112 in den am 1.1.2001 bereits abgeschlossenen Fällen ausgeschlossen, wenn die Erstattung nach § 111 Satz 2 i. d. F. ab 1.1.2001 zu Recht erfolgt ist.

Wird ein Rückerstattungsanspruch unter Hinweis auf das BSG-Urteil v. 11.11.2003 (B 2 U 15/03 R) geltend gemacht, ist dieser ebenfalls abzulehnen.

2.4 Umfang des Rückerstattungsanspruchs

 

Rz. 7

Der Rückerstattungsanspruch beschränkt sich auf die Beträge, die tatsächlich zu Unrecht erstattet wurden, d. h., besteht der Rückerstattungsanspruch zwar dem Grunde nach, aber nur in geringerer Höhe, ist nur die Differenz zwischen dem ursprünglich – zu hoch – erstatteten Betrag und dem korrigierten niedrigeren Erstattungsanspruch zurückzuerstatten.

 

Rz. 7a

Um Rückerstattung zu erhalten, muss der Träger der sich aus dem Sozialleistungsverhältnis für leistungspflichtig gehalten hat, erst den fehlerhaften Leistungsbescheid aufheben. Kann der Leistungsbescheid nicht nach § 45 zurückgenommen werden, kann auch der verpflichtete Träger den Erstattungsanspruch nicht geltend machen.

Die Bagatellgrenze des § 110 Satz 2 findet auf den zurückzuerstattenden Differenzbetrag keine Anwendung.

Einen Fall des § 112 stellt auch die Erstattung dar, die wegen wirksamer Abtretung, Verpfändung oder Pfändung des Sozialleistungsanspruchs zu Unrecht erfolgt ist.

2.5 Ausschlussfrist/Verjährung

 

Rz. 8

Die Ausschlussfrist des § 111 ist auf Rückerstattungsansprüche nicht anzuwenden.

Rückerstattungsansprüche verjähren gemäß § 113 Abs. 1 in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist.

2.6 Auswirkungen einer Rückerstattung auf andere Beteiligte

 

Rz. 9

Das Bestehen eines Erstattungsanspruchs hat nach § 107 zur Folge, dass der Anspruch des Berechtigten gegen den letztlich zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt gilt. Stellt sich nachträglich heraus, dass ein Erstattungsanspruch nicht oder teilweise nicht bestanden hat, bedeutet dies, dass der Anspruch des Berechtigten insoweit noch besteht und ggf. zu erfüllen ist. Entsprechendes gilt, wenn der zu Unrecht befriedigte Erstattungsanspruch bewirkt hat, dass Ansprüche Drit...

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