2.1 Berechtigte

 

Rz. 2

Die Vorschrift verwendet diesen Oberbegriff für Deutsche, Staatsangehörige eines Staates, in dem die EWG-VO 1408/71 anzuwenden ist, und "sonstige" Ausländer. Zu den Deutschen zählen die Personen, die in Art. 116 GG genannt sind. Dabei ist es unschädlich, wenn neben der deutschen eine weitere Staatsangehörigkeit besteht (doppelte Staatsbürgerschaft). Ausländer sind somit diejenigen, die nicht Deutsche i. S. d. Art. 116 GG sind, also auch Staatenlose. Soweit eine Unterscheidung erforderlich ist, spricht das Gesetz von "berechtigten Deutschen" oder aber "berechtigten Ausländern". Berechtigter kann der Träger des Rentenanspruchs dem Grunde nach wie der Träger des Zahlungsanspruchs sein. Grundsätzlich greifen Auslandsrentenregelungen jedoch nicht in das Stammrecht, sondern lediglich in die daraus entstehenden monatlichen Einzelzahlungsansprüche ein (BSG, Urteil v. 14.5.2003, B 4 RA 6/03 R).

2.2 Vorübergehender Auslandsaufenthalt

 

Rz. 3

Die Vorschrift bestimmt den Grundsatz, dass Berechtigte, die sich im Ausland aufhalten, Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Dabei werden für den Personenkreis, der sich nur vorübergehend im Ausland aufhält, keine Einschränkungen gemacht. Bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt behalten die Berechtigten den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Von einem vorübergehenden Aufenthalt kann man aber nur ausgehen, wenn zuvor ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland bestanden hat. Der gewöhnliche Aufenthalt (vgl. § 30 Abs. 3 SGB I) setzt aber weiter voraus, dass der Leistungsempfänger zum Aufenthalt berechtigt ist, d. h. eine Dauerhaftigkeit des Aufenthalts muss auch rechtlich möglich sein. Es ist entscheidend, dass die Berechtigten das Bundesgebiet nur für kürzere Zeit (BSG, Urteil v. 27.3.2020, B 10 EG 7/18 R zum "gewöhnlichen Aufenthalt" trotz zeitlicher Begrenzung) verlassen und an den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse (im Inland) zurückkehren wollen. Dafür ist es erforderlich, dass entweder Tatsachen dies objektiv erkennen lassen oder der Wille des Berechtigten erkennbar darauf gerichtet ist, den Auslandsaufenthalt zeitlich zu beschränken. Unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus dem bis zum 31.5.1979 geltenden Auslandsrentenrecht sollte eine Frist von bis zu einem Jahr als vorübergehend angesehen werden. Sollte sich bei rückschauender Betrachtung (vgl. BSG, Urteil v. 1.3.2018, B 8 SO 22/16 R) die prognostische Einschätzung als unzutreffend darstellen, so hat dies nur Auswirkungen für die Zukunft (BSG, Urteil v. 17.5.1989, 10 RKg 19/88). Auch bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt im Ausland muss noch hinreichend Bezug zum Inland bestehen (BSG, Urteil v. 27.3.2020, B 10 EG 7/18 R). Der Begriff der Leistung umfasst nicht nur Renten, sondern alle Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

 

Rz. 4

Zum Ausland zählt das Gebiet außerhalb der Bundesrepublik mit Ausnahme der Seeschiffe unter deutscher Flagge. Diese gelten als schwimmender Gebietsteil der Bundesrepublik und damit als Inland (BSGE 57 S. 96).

2.3 Gewöhnlicher Auslandsaufenthalt

 

Rz. 5

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand (§ 30 Abs. 3 SGB I) dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (BSGE 27 S. 88). Es ist nicht entscheidend, ob dort auch ein Wohnsitz begründet worden ist. Vielmehr sind allein die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend. Deshalb ist in den Fällen, in denen die Verhältnisse auf mehrere Orte hinweisen, darauf abzustellen, an welchem dieser Orte die engeren sozialen, wirtschaftlichen und/oder persönlichen Beziehungen bestehen (BSG, a. a. O.). Die Leistungseinschränkung gemäß Abs. 2 betrifft allein die Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland. Kehrt der Berechtigte ins Inland zurück, so liegt eine wesentliche Änderung (in den tatsächlichen Verhältnissen) gemäß § 48 SGB X vor, sodass eine neue Bescheiderteilung zu erfolgen hat.

 

Rz. 6

Abs. 2 regelt dann, dass vom Grundsatz der unbeschränkten Leistungsgewährung abgewichen werden kann. Dazu sind Regelungen im SGB VI selbst enthalten (§§ 111 bis 114, §§ 271, 272, 317 bis 319) und in Sondernormen zu finden (z. B. §§ 18ff. WGSVG).

2.4 Über- und zwischenstaatliches Recht

 

Rz. 7

Über- und zwischenstaatliches Recht geht nach dem gesetzgeberischen Willen, der den Vorrang entsprechend der Normhierarchie entspricht, den Regelungen in §§ 110 bis 114 vor (zu den Rangstufen des überstaatlichen und zwischenstaatlichen Rechts: BVerfG, Beschluss v. 30.1.2020, 2 BvR 1005/18). Als solches sind neben den zahlreichen Sozialversicherungsabkommen die Bestimmungen des EG-Rechts zu nennen. Für das Sozialversicherungsrecht ist da besonders auf die EWG-VO 1408/71 hinzuweisen, die – wie zahlreiche Sozialversicherungsabkommen – den Gleichbehandlungsgrundsatz und die sog. Gebietsgleichstellungsklausel enthält. Das bedeutet, die Leistungen sind einem Berechtigten, der in einem Mitglied- oder Vertragsstaat lebt, wie einem Berechtigtem im Inland zu gewähren.

 

Rz. 8

Für die Durchführung der EG-Verordnungen sind bezogen auf die Mitgliedstaaten folgende Regional...

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