Leitsatz

1. Eine Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) setzt die "niedrige Besteuerung" (§ 8 Abs. 3 AStG) der ausländischen Beteiligungsgesellschaft (sog. Zwischengesellschaft) voraus. Entspricht die nach dem maßgeblichen ausländischen Recht geschuldete Steuer (Senatsurteil vom 9.7.2003, I R 82/01, BFH-PR 2003, 464) dem in § 8 Abs. 3 AStG angeführten Schwellenwert der Steuerbelastung, liegt auch dann keine "niedrige Besteuerung" vor, wenn der ausländischen Steuerfestsetzung ein behördliches Verfahren vorausgegangen ist, in dem auf gesetzlicher Grundlage und unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen der Umfang einer Steuerermäßigung festgelegt wurde (hier: gesetzlich eingeräumte Möglichkeit einer anpassenden Erhöhung der Steuerbelastung durch sec. 41 subsec. 9 des irischen Finance Act 1980/1992 für irische Tochtergesellschaften im International Financial Services Centre in Dublin).

2. Die Inkaufnahme einer höheren Belastung mit ausländischer KSt durch eine ausländische (hier: irische) Kapitalanlagegesellschaft zieht auch dann keine vGA nach sich, wenn hierdurch bei den inländischen Anteilseignern die Hinzurechnung gem. §§ 7 ff. AStG vermieden wird.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 AStG, § 3 AO, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Bei den Klägerinnen handelt es sich um AG, die das Versicherungsgeschäft betreiben. Sie waren im Streitjahr 1995 an einer durch Gesellschaftsvertrag vom 4.1.1990 nach irischem Recht als "limited company by shares" mit dem Sitz in Dublin (genauer: in den sog. Dublin Docks) gegründeten Gesellschaft (Y) beteiligt; die Beteiligung am Kapital der Y (22,5 Mio. DM) betrug 88,89 % (Klägerin zu 1.) bzw. 11,11 % (Klägerin zu 2.). Die Y verfügte über einen "board of directors" mit sowohl geschäftsführender als auch überwachender Funktion. Ihr Unternehmensgegenstand war die Verwaltung und der Handel mit internationalen Kapitalanlagen. Zur Abwicklung der Kapitalanlagegeschäfte wurde ein Management-Vertrag mit einer weiteren irischen Finanzdienstleistungsgesellschaft (Z) abgeschlossen.

Die Y wurde vom irischen Finanzminister als "special purpose investment company" eingestuft mit der Folge, dass der normale Steuersatz – im Streitjahr 1995: 40 % bis zum 31.3.1995, danach 38 % – um bis zu 75 % ermäßigt werden konnte (Finance Act 1980 sec. 39 B betreffend irische Tochtergesellschaften im International Financial Services Centre ["IFSC"] in Dublin). Die Gewinne der Y unterlagen daher in Irland zunächst einer KSt von 10 %.

Im zeitlichen Zusammenhang mit der Verschärfung der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung für Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter gem. § 10 Abs. 6 AStG wurde dem Finanzminister in Irland mit dem Finance Act (No. 2) 1992 die Möglichkeit eingeräumt, nach seinem Ermessen die Ermäßigung des Steuersatzes auf 25 % zu begrenzen, wenn die Gesellschaft bzw. deren Gesellschafter ohne die neue Regelung einer Besteuerung ausgesetzt wären, die dazu führen würde, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit in Irland voraussichtlich nicht fortführen oder aufnehmen würde.

Der irische Finanzminister traf nach Prüfung des Sachverhalts die Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und über die Höhe des anzuwendenden Steuersatzes und erließ einen Bescheid, mit dem die Steuererleichterung auf 25 % reduziert wurde. Mit Blick auf die Reduzierung des Steuersatzes mit Wirkung ab 1.4.1995 auf 38 % legte der Minister durch Bescheid mit Wirkung ab April 1995 den Ermäßigungssatz auf 8/38 fest. Hierdurch ergab sich für das gesamte Wirtschaftsjahr ein effektiver Steuersatz von 30 %. Derart wurde die KSt festgesetzt und von der Y im Mai 1996 gezahlt. Die Entscheidung des Finanzministers wurde auch in den Steuerbescheiden der Folgejahre berücksichtigt.

Der Klage gegen den Feststellungsbescheid gem. § 18 AStG war erfolgreich (EFG 2005, 513).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG bestätigt: Die irische Steuer gegenüber der Y sei eine hoheitlich auferlegte Steuer, welche höher als 30 % sei und die deswegen keine Hinzurechnungsbesteuerung bei den Klägerinnen auszulösen in der Lage sei.

 

Hinweis

1. Einmal mehr ein Urteil des BFH zu den sog. Dublin Docks-Gesellschaften in Irland und damit um einen angesichts äußerst niedriger Steuersätze – Stichwort europäisches Steuerdumping – nach wie vor höchst attraktiven Kapitalanlageort. Alles, was dazu zu sagen ist, ergab sich – unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs – zuletzt aus dem BFH-Urteil vom 25.2.2004, I R 42/02 (BFH-PR 2004, 416) sowie den zuvor vom 19.1.2000, I R 94/97 (BStBl II 2001, 222) und I R 117/97 (BFH/NV 2000, 824). Auf die dortigen eingehenden Darstellungen sei hier verwiesen.

2. Im Besprechungsfall ging es nun um das Jahr 1995, das erste Jahr, in welchem die gesetzlichen Erleichterungen in § 10 Abs. 5 und 6 AStG zugunsten ausländischer Kapitalanlagegesellschaften vom Gesetzgeber "gecancelled" wurden.

Die "normale" (und vom Fiskus wohl mit einigem Recht auch erwartete) Konsequenz dieser Steuerverschärfung wäre gewesen, dass die inländischen Gesellschafter ...

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