Wirtschaftlich untergeordnete passive Einkünfte sollen bei einer Gesellschaft, die überwiegend aktiv tätig ist, keine Hinzurechnungsbesteuerung bedingen. § 9 AStG ist insoweit eine Vereinfachungsregelung.

Die Freigrenze wird insoweit wie folgt definiert: Betragen die passiven Bruttoerträge prozentual nicht mehr als 10 % der gesamten Bruttoerträge der Gesellschaft (Ermittlung der gesamten Bruttobeträge und übersteigen die Zwischeneinkünfte weder bei der Gesellschaft selbst, noch bei jedem inländischen Steuerpflichtigen (unter Berücksichtigung anderer Zwischeneinkünfte) absolut nicht 80.000 EUR, so sind die Zwischeneinkünfte außer Ansatz zu lassen). Damit sind Bagatellfälle auszuscheiden. § 9 AStG enthält damit sowohl eine gesellschaftsbezogene relative Freigrenze und eine gesellschafterbezogene absolute Freigrenze. Im ersten Schritt ist die relative Freigrenze, im zweiten Schritt die absolute Freigrenze zu prüfen. § 9 AStG ist nur einschlägig, wenn beide Freigrenzen gewahrt sind.

[1] § 9 AStG.

9.1 Relative Freigrenze

Diese bedingt eine Verhältnisrechnung. Problematisch und sehr verwaltungsaufwändig ist, dass die Finanzverwaltung fordert, dass die Einkünfte zuerst nach dem Ermittlungsschema des § 10 AStG zu ermitteln sind und erst anschließend § 9 AStG geprüft werden kann.[1]

[1] BMF, AEAStG-E, Rz. 512.

9.2 Absolute Freigrenze

Die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze ist gewahrt, wenn die bei einem Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der gesellschaftsbezogenen relativen Freigrenze[1] außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt 80.000 EUR nicht übersteigen. Sie gilt veranlagungszeitraumbezogen und ist für jeden Steuerpflichtigen individuell i. S. d. § 7 Abs. 1 AStG gesondert zu prüfen. Das Überschreiten der absoluten Freigrenze durch einen Steuerpflichtigen schließt die Anwendung des § 9 AStG für die übrigen Steuerpflichtigen, die die ausländische Gesellschaft ebenfalls beherrschen, nicht aus.[2]

 
Praxis-Beispiel

Relative Freigrenze

Die ausländische Gesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr vom 1.1. bis 31.12.2022 Zwischeneinkünfte i. H. v. 500 EUR und aktive Einkünfte i. H. v. 5.000 EUR. Ihre gesamten Einkünfte für das maßgebende Wirtschaftsjahr betragen somit 5.500 EUR.

Lösung:

Die Zwischeneinkünfte betragen weniger als 10 % der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft (500 EUR / 5.500 EUR = 9,09 %). Die relative Freigrenze ist damit gewahrt.

 
Praxis-Beispiel

Absolute Freigrenze bei natürlichen Personen

A und B erfüllen in Bezug auf die Zwischengesellschaft Z1 die Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung. B erfüllt darüber hinaus in Bezug auf die Zwischengesellschaft Z2 die Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung. Aus Z1 resultiert für A und B jeweils ein Hinzurechnungsbetrag i. H. v. 50.000 EUR. Aus Z2 resultiert für B ein Hinzurechnungsbetrag i. H. v. 40.000 EUR. Sowohl auf Ebene von Z1 als auch auf Ebene von Z2 ist die relative Freigrenze des § 9 AStG gewahrt.

Lösung:

Bei A ist der Hinzurechnungsbetrag aus Z1 (= 50.000 EUR) außer Ansatz zu lassen; neben der relativen Freigrenze ist auch die absolute Freigrenze des § 9 AStG gewahrt. Bei B sind beide Hinzurechnungsbeträge anzusetzen; die absolute Freigrenze ist im Hinblick auf die Summe beider Hinzurechnungsbeträge (= 90.000 EUR) überschritten.

 
Praxis-Beispiel

Absolute Freigrenze bei Körperschaften und abweichenden Wirtschaftsjahre

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige GmbH hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (WJ) vom 1.10. bis 30.9. Sie ist jeweils Alleingesellschafterin der Zwischengesellschaft Z1 (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) und der Zwischengesellschaft Z2 (Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.6.). Es ergeben sich folgende Hinzurechnungsbeträge:

 
Z1 WJ 2022 30.000 EUR
  WJ 2023 50.000 EUR
Z2 WJ 2022/2023 25.000 EUR
  WJ 2023/2024 45.000 EUR

Die relative Freigrenze des § 9 AStG ist jeweils gewahrt.

Lösung:

Die Anteile an Z1 und Z2 gehören zum Betriebsvermögen der GmbH. Die Hinzurechnungsbeträge erhöhen daher den Gewinn des Wirtschaftsjahres der GmbH, in dem die Wirtschaftsjahre von Z1 und Z2 enden.[3] Der Gewinn des Wirtschaftsjahres vom 1.10.2022 bis 30.9.2023 der GmbH gilt im Kalenderjahr (= Veranlagungszeitraum) 2023 als bezogen.[4] Dieser Gewinn ist um den Hinzurechnungsbetrag aus Z1 (WJ 2022) und den Hinzurechnungsbetrag aus Z2 (WJ 2022/2023) zu erhöhen. Da die Summe der Hinzurechnungsbeträge aus Z1 und Z2 (= 55.000 EUR) die absolute Freigrenze im Veranlagungszeitraum 2023 unterschreitet, sind die Hinzurechnungsbeträge außer Ansatz zu lassen.

Der Gewinn des Wirtschaftsjahres vom 1.10.2023 bis 30.9.2024 der GmbH gilt im Kalenderjahr (= Veranlagungszeitraum) 2024 als bezogen. Dieser Gewinn ist um den Hinzurechnungsbetrag aus Z1 (WJ 2023) und den Hinzurechnungsbetrag aus Z2 (WJ 2023/2024) zu erhöhen. Da die Summe der Hinzurechnungsbeträge aus Z1 und Z2 (= 95.000 EUR) die absolute Freigrenze im Veranlagungszeitraum 2024 überschreitet, findet die Freigrenze des § 9 AStG keine Anwendung.

 
Praxis-Beispiel

Absolute...

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