Der Substanztest ist ausschließlich für EU-/EWR-Gesellschaften möglich.[1], Ergänzend gilt die Einschränkung des § 8 Abs. 4 AStG, wonach der Motivtest auch im Hinblick auf ausländische Gesellschaften deren Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine besteuerungsrelevanten Auskünfte erteilt. Aufgrund der EU-Amtshilferichtlinie sind derartige Fälle aber in der Praxis schwer denkbar.

 
Wichtig

Drittstaaten

Großbritannien und Nordirland sind ab 2021 steuerlich als Drittstaat zu behandeln.[2]

Die Ausweitung auf Drittstaaten, die nach der ATAD-RL per Entscheidung des nationalen Gesetzgebers möglich wäre (Wahlrecht), ist nicht vorgesehen. Dies ist europarechtlich zulässig, da Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Satz 3 der ATAD-RL es ausdrücklich zulässt, den Motivtest für Drittstaaten-Gesellschaften auszuschließen. Dies ist möglich, weil

  1. nach der Rechtsprechung des EuGH bei Drittstaaten-Sachverhalten die Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit ausgeschlossen ist, wenn die betreffende Regelung allein den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit betrifft.
  2. die Beherrschungsvoraussetzungen der ATAD[3] ausschließlich die Niederlassungsfreiheit berühren.
 
Hinweis

Überlagerung der Rechtsprechung

Mit dieser gesetzlichen Regelung wird auch bewusst die Rechtsprechung überlagert.

Bereits seit 2016 ist die Frage einer Drittstaatenbehandlung strittig.[4]

So hat der BFH Zweifel dahingehend angemeldet, ob die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung in Drittstaatensachverhalten mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Die Frage hatte vor allem Bedeutung für Steuerpflichtige, die Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im niedrig besteuerten Ausland außerhalb der EU halten, insbesondere z. B. für Beteiligungen an Schweizer Kapitalgesellschaften.

Der EuGH hat die Fragen offen gelassen.[5]

Er hat nur partiell die Fragen des BFH zur Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit der auch für Drittstaaten geltenden Kapitalverkehrsfreiheit beantwortet. Die abschließende Entscheidung überließ er damals jedoch dem BFH.

Der BFH entschied über die Frage eines Escapes hinsichtlich einer Schweizer Kapitalgesellschaft,[6] an der ein Inländer zu 30 % beteiligt war und die sog. Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter i. S. d. § 7 Abs. 6 und 6a AStG erzielte. Das Verfahren gewann zwar die Finanzverwaltung. Aber der BFH entschied in Anlehnung an das o. g. EuGH-Urteil, dass die Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Abs. 6 und 6a AStG einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstelle, der aufgrund zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen nicht unter die sog. Stand-Still-Klausel von Art. 57 Abs. 1 EG (jetzt: Art. 64 Abs. 1 AEUV) fällt. Im Urteilsfall war die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit im Verhältnis zur Schweiz dennoch zulässig, da im Streitjahr (Wirtschaftsjahr 2005/Feststellungsjahr 2006) noch kein umfassender Informationsaustausch (große Auskunftsklausel) mit der Schweiz möglich war. Für die VZ ab 2011, in denen diese "große Auskunftsklausel" mit der Schweiz greift, kann aber auf diesen Rechtfertigungsgrund nicht mehr zurückgegriffen werden.

Der BFH hat anschließend seine Rechtsprechung fortentwickelt.[7]

Hiernach seien aber auch Fälle des § 7 Abs. 1 AStG von der Kapitalverkehrsfreiheit umfasst. Dies liege vornehmlich an der Möglichkeit der zufälligen Inländerbeherrschung des AStG bis einschließlich 2021. So erfordere es die Regelung des § 7 Abs. 1 AStG a. F. nicht, dass nur nahestehende Personen zusammen eine Beteiligung von mehr als 50 % an der ausländischen Zwischengesellschaft halten. Es reiche vielmehr auch aus, wenn fremde Dritte diese Beteiligungsgrenze überschreiten, ohne dass Einzelne hieraus einen nennenswerten Einfluss auf die Gesellschaft allein oder zusammen mit anderen haben würden.

Die Finanzverwaltung reagierte mit einem Anwendungsschreiben. Die dortigen Aussagen zur Anerkennung des Drittstaatenescapes sind auch aufgrund der gesetzlichen Änderung nicht mehr anwendbar.[8]

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