Aufgrund der Vorgaben der ATAD-RL müssten Dividenden eigentlich komplett passiv sein. Dies hätte gravierende Auswirkungen, denn diese wurden bislang umfassend nach dem nationalen Konzept der Dividendenfreistellung als aktive Einkünfte qualifiziert. Abweichend von der ATAD-RL bleibt es nur noch für den – in der Praxis wichtigsten Fall – der Schachteldividenden bestehen. Konkret sind Gewinnausschüttungen nur dann aktiv, wenn bei einem unmittelbaren Bezug durch den inländischen Beteiligten an der Zwischengesellschaft die Regelungen des § 8b KStG hätten in Anspruch genommen werden können. Der Gesetzgeber versucht damit einen gewissen Spagat der Gleichbehandlung mit Inlandsfällen herzustellen.

Fallgruppen

Eine Dividende ist nicht mehr aktiv sondern passiv,

  1. wenn sie beim Zahlenden abziehbar war(§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a AStG).

    • Zur Anwendung des Korrespondenzprinzips vgl. BMF, AEAStG-E, Rz. 399 ff.[1]
    • § 8b Abs. 1 Satz 4 KStG stellt nicht auf die Niedrigbesteuerung ab mit der Folge, dass die Einkünfte letztlich steuerfrei zu stellen sind. Dadurch können sich folgende "Besteuerungsfallen" ergeben:[2]
    • Im Ausland nicht erfasste Verrechnungspreisfehler. Der Entwurf des AEAStG enthält hierzu folgendes Beispiel:

       
      Praxis-Beispiel

      Anwendung des Korrespondenzprinzips bei verdeckten Gewinnausschüttungen im Ausland

      Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 % der Anteile am Nennkapital der ausländischen B-Co. Die B-Co. hält 100 % der Anteile am Nennkapital der ausländischen C-Co. und der ausländischen D-Co. Die C-Co. überträgt der D-Co. unentgeltlich eine Maschine zur weiteren Nutzung.

      Lösung BMF:

      Die unentgeltliche Übertragung der Maschine stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung der C-Co. an die B-Co. dar. Die B-Co. erhält einen Bezug i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG, der aufgrund des Abgangs der Maschine das Einkommen der C-Co. gemindert hat. Der Bezug ist daher bei der B-Co. als passive Einkünfte nach § 8 Abs. 1 N. 7 Buchst. a AStG zu qualifizieren. Da es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt, die infolge des Zugangs der Maschine das Einkommen der D-Co., also einer der B-Co. nahestehenden Person, erhöht hat, sind die Einkünfte gleichwohl aktiv, wenn das Einkommen aus dem Zugang der Maschine bei der D-Co. keiner niedrigen Besteuerung unterliegt (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Doppelbuchstabe bb AStG).

    • Unentgeltliche Buchwertübertragungen zwischen (Schwester-)Kapitalgesellschaften derselben ausländischen Gruppe, die nach deutschem Recht nicht möglich sind, können potenziell die Hinzurechnungsbesteuerung auslösen, da die Übertragungen aus deutscher Sicht vGA (im Dreieck) darstellen.
    • Ausländische Gruppenbesteuerungssysteme, die nicht der deutschen Organschaft entsprechen, können ggf. ein Problem sein (z. B. skandinavischer Konzernbeitrag), da es sich insoweit regelmäßig auch um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt.
    • Ausländische Umwandlungen, die nicht mit einer deutschen Umwandlung vergleichbar sind und damit (potenziell) nicht unter § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG fallen.[3]
  2. wenn es sich um eine Streubesitzdividende (unter 10 % Beteiligung) handelt.[4].

    Hiermit sollen Umgehungsgestaltungen über ausländische Zwischengesellschaften verhindert werden. Der Regierungsentwurf des ATADUmsG enthält hierzu nachfolgendes Beispiel:[5]

     
    Praxis-Beispiel

    Dividendenbezug

    Die in Deutschland ansässige A-GmbH ist zu 8 % an der ebenfalls in Deutschland ansässigen B-GmbH beteiligt. Die B-GmbH schüttet Dividenden an die Gesellschafter aus.

    Lösung:

    Die A-GmbH muss ihre Streubesitzdividende von der B-GmbH versteuern, da § 8b Abs. 1 KStG nicht anwendbar ist[6] . Anders sähe es nach dem bisherigen Recht aus, wenn die A-GmbH zu 100 % an einer Zwischengesellschaft und diese zu 8 % an der B-GmbH beteiligt wäre. Diese Ungleichbehandlung soll nicht möglich sein.

  3. wenn die Ausschüttungen beim Empfänger dem Handelsbestand zuzuordnen wären[7]. Dies betrifft vorrangig Banken.

    [8]

Bewertung: Mit diesen "Rückausnahmen" wird die Hinzurechnungsbesteuerung wesentlich komplexer.[9] Ob die EU-Kommission der begrenzten Umsetzung der Richtlinie folgt, bleibt abzuwarten.

[1] Detailiert auch Loose, PiStB 2021, S. 185 zur Konkurrenz der Nr. 7 Buchst. a Doppelbuchst. bb und § 10 Abs. 3 AStG (Ermittlung nach deutschem Steuerrecht).
[2] Nach Böhmer/Gebhard/Krüger, IWB 2021 S. 479.
[3] Für Details zum materiellen Korrespondenzprinzip vgl. auch BMF, AEAStG-E, Rz. 401 ff.
[5] BT-Drucks. 19/28652 S. 56.
[8] Hinsichtlich Details vgl. auch BMF, AEAStG-E, Rz. 410.
[9] Vgl. zu § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG n. F. auch Becker/Loose, IStR 2021, S. 373.

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