BFH eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten

[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther[*]

Nach Anschaffung eines Gebäudes anfallende Instandsetzungsmaßnahmen sind nur dann als WK sofort absetzbar (bzw. über § 82b EStDV verteilbar), wenn nicht die Regularien des anschaffungsnahen Aufwands (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) greifen. Diese Vorschrift findet immer dann Anwendung, wenn ein Gebäude entgeltlich oder teilentgeltlich (bezogen auf den entgeltlichen Teil) erworben wird. Der BFH hat nun jedoch in einer aktuellen Entscheidung insofern ein Gestaltungspotential eröffnet, als Instandsetzungsaufwendungen, die vor Anschaffung anfallen, von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht erfasst werden.

[*] Der Autor war stellvertretender Vorsteher bei einem FA.

1. Anschaffungsnaher Aufwand bei teilentgeltlicher Übertragung

Wer ein Vermietungsobjekt teilentgeltlich erwirbt ...: In der Besteuerungspraxis sind Grundstücksübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf Angehörige häufig anzutreffen. Diese erfolgen, wenn mehrere potentielle Erben vorhanden sind, in der Regel nicht in vollem Umfang unentgeltlich, sondern aufgrund erforderlicher Ausgleichszahlungen an potentielle Miterben teilentgeltlich.

... muss den anschaffungsnahen Aufwand im Blick haben: Wer ein Vermietungsobjekt teilentgeltlich erwirbt, muss bezüglich geplanter Instandsetzungsaufwendungen im Anschluss an den Erwerb jedoch beachten, dass die Regularien des anschaffungsnahen Aufwands bezüglich des entgeltlich erworbenen Teils Anwendung finden (R 6.4 Abs. 1 S. 2 EStR).

2. Gestaltungspotential durch Instandsetzung vor Anschaffung

Bislang nicht gegebenes Gestaltungspotential: Allerdings ergibt sich aufgrund einer aktuellen Entscheidung des BFH insoweit ein bislang nicht gegebenes Gestaltungspotential, als bei vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigten Aufwendungen die Regularien des anschaffungsnahen Aufwands nicht greifen[1].

Der BFH verweist hierzu auf seine bislang ergangene Rechtsprechung, wonach zu den Aufwendungen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG – unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung – sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen gehören, die im Rahmen einer "im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes" vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Beachten Sie: § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ordnet den tatbestandlich erfassten Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwand fiktiv den Herstellungskosten des Gebäudes zu.

Dies gilt nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut indes nur für solche Aufwendungen, die "innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung" vom Steuerpflichtigen getragen werden.

Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen sind daher nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen.

Beraterhinweis Die sich hierdurch ergebende Gestaltungsmöglichkeit ist von der Finanzverwaltung nicht gewollt und sollte i.R.d. JStG 2020 durch eine entsprechende gesetzliche Neuregelung ausgeschlossen werden. Hierzu ist es jedoch letztlich nicht gekommen, so dass sich Steuerpflichtige aktuell weiterhin auf die vorstehend zitierte BFH-Entscheidung berufen können.

3. Praxisbeispiel

Welche Auswirkungen sich im Einzelnen ergeben können, soll das nachfolgende Praxisbeispiel verdeutlichen.

Beispiel

B erwirbt ein Mehrfamilienhaus (Verkehrswert 800.000 EUR) zum 31.12.2018 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seinem Vater A gegen Auszahlung seiner Schwester C mit 400.000 EUR. Davon entfallen 50.000 EUR auf den Grund und Boden.

In 2019 investiert B in neue Fenster und die Sanierung des Daches. Die Kosten belaufen sich auf 83.300 EUR (neue Fenster) sowie 47.600 EUR (Dachsanierung). Im Juli 2018 hatte B bereits den Einbau einer neuen Zentralheizungsanlage mit 23.800 EUR im Hinblick auf die geplante Grundstücksübertragung durchführen lassen. Die Mietverhältnisse führt B unverändert fort.

Lösung: B hat das Mehrfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 800.000 EUR gegen Auszahlung seiner Schwester mit 400.000 – und damit zur Hälfte entgeltlich – erworben.

Anschaffungsnaher Aufwand? Auch hier sind die in 2018 und 2019 investierten Instandsetzungsaufwendungen unter dem Aspekt des anschaffungsnahen Aufwands (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) zu prüfen.

Nur entgeltlich erworbener Teil: Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass anschaffungsnaher Aufwand nur bezüglich des entgeltlich erworbenen Teils anfallen kann, d.h. bezüglich des unentgeltlich erworbenen Gebäudeteils ergeben sich hinsichtlich des Sofortabzugs von Erhaltungsaufwendungen keine Beschränkungen.

Nicht tangiert sind Aufwendungen vor Anschaffung: Außerdem werden vor der Anschaffung des Grundstücks (Übergang von Besitz, Nutzungen Lasten und Gefahr) getätigte Instandsetzungsaufwendungen nach der neueren BFH-Rechtsprechung von den Beschränkungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht tangiert.

Kosten für neue Heizung = vorweggenommene WK: I...

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